ChatGPT & Co.: Anregungen für den Einsatz im Unterricht

Wie Chatbots Mehrwert für den Schulalltag liefern können...

Schwerpunkt: KI
Auf einem Laptop ist ein künstliches Roboter-Gehirn zu sehen, im Hintergrund steht ChatGPT

Mit dem Chatbot ChatGPT ist momentan eine Anwendungsmöglichkeit von Künstlicher Intelligenz in aller Munde und sorgt für große Verunsicherung, auch in den Schulen. Das Programm spuckt nach der Eingabe von wenigen Parametern verblüffend gute Texte zu den verschiedensten Themengebieten aus, die nur sehr schwer von Texten unterschieden werden können, hinter denen ein Mensch als Autor:in steht. Damit steigt die Angst davor, dass es menschliche Anstrengungen verdrängt und mit dem Tool wissentlich oder unwissentlich Plagiate erstellt werden.

Selbstverständlich bestehen auch bei dieser Technologie - wie bei vielen anderen in der Vergangenheit - Risiken, mit denen wir uns ebenfalls noch auseinandersetzen werden. Übereinstimmend mit der Einschätzung von Saferinternet.at zu dieser Thematik, wollen wir uns als Wiener Bildungsserver aber bewusst zuallererst einmal mit den Chancen und positiven Anwendungsmöglichkeiten beschäftigen.

Was ist ChatGPT - und was gibt es noch?

Was ist ChatGPT - und was gibt es noch?

Das Programm ist der momentan bekannteste - aber nicht einzige - Chatbot, der auf Künstlicher Intelligenz beruht. Es wurde 2022 von der US-Firma OpenAI präsentiert, deren wichtigste Geldgeber:innen Microsoft sowie Tesla- und Twitter-Chef Elon Musk sind.

GPT-3, das statistische Sprachmodell, das hinter ChatGPT steht, besteht aus 175 Milliarden Parametern und wurde mittels Deep Learning mit rund einer Billion Wörter trainiert (siehe dazu auch folgenden Artikel von spektrum.de). Neben unzähligen Foren- und Blogeinträgen, einigen Literaturdatenbanken wurde es etwa auch mit dem englischsprachigen Wikipedia “gefüttert”. Momentan steht es auf dem Stand von 2021, generiert also kein weiteres “Wissen” dazu.

Das Tool ist (derzeit) noch kostenlos verfügbar, erfordert aber eine Registrierung samt Telefonnummer. Da eine einzelne Anfrage eines/einer Nutzer:in im Schnitt 2 US-Cent kostet (im Vergleich: Google Anfrage 0,01 US-Cent) wird allgemein allerdings angenommen, dass es früher oder später zur Monetarisierung des Programms in der einen oder anderen Form kommen wird (Abo-Modell, Werbung, etc.)

Neben ChatGPT existieren unter anderem noch folgende ähnliche Programme: Mit dem ebenfalls von OpenAI entwickelten Perplexity werden Texte erstellt, bei denen automatisch auch Quellenangaben angegeben sind und somit das KI-Ergebnis auch kritischer hinterfragt werden kann (derzeit kostenlos und ohne Registrierung).

Mit Smodin wiederum lassen sich mit wenigen Stichworten sehr komplexe Texte erstellen. Das Programm (Basis kostenlos, dann Premium-Modell) eignet sich besonders für argumentative Textformen, wie etwa Filmkritiken und Blogbeiträge. Der in Deutschland entwickelte Neuroflash KI Writer hat ähnliche Stärken und ist mit Registrierung kostenlos nutzbar. Einen Überblick zu den einzelnen Programmen erhalten Sie auch in diesem Video.

Anregungen zur Verwendung im Unterricht

ChatGPT und andere Chatbots können, ein aktiver und kritisch-hinterfragender Umgang damit vorausgesetzt, für den Unterricht durchaus auch einen positiven Mehrwert haben. Dafür wollen wir hier einige Beispiele präsentieren, die zum Teil auch schon in der Praxis umgesetzt wurden.

Idee 1: Textanalyse mittels ChatGPT

Angeregt von einem Vorschlag der österreichischen Journalistin Ingrid Brodnig könnte ChatGPT im Unterricht zur Textanalyse verwendet werden. Zur Veranschaulichung haben wir dazu das Programm eine Geschichte im Stil einer Komödie über den Wiener Bildungsserver, einen Hund namens Joschi und zwei Lernroboter schreiben lassen. Das Ergebnis sehen Sie hier:

Folgende Fragen könnten etwa mit den Schüler:innen besprochen werden:

  • Wie beurteilt ihr das Ergebnis?
  • Erfüllt es die Grundvoraussetzungen der geforderten Textform (in diesem Fall Komödie)? Welche erfüllt es, welche nicht?
  • An welchen Stellen könnte noch nachgeschärft werden, um ein kreativeres Ergebnis zu erreichen?
  • Wurden alle Vorgaben an die Geschichte berücksichtigt? 
  • Welche Stellen würde ein(e) menschliche(r) Autor:in vermutlich anders verfassen?

Um letztere Frage mit den Schüler:innen zu erörtern, wäre es zum Beispiel auch möglich, die Schüler:innen zuerst einen eigenen Text zum gewählten Thema verfassen zu lassen und dann den KI-generierten Text damit zu vergleichen. Ergänzend wäre auch eine Option, ob es den Schüler:innen in einem kleinen Ratespiel gelingt, den KI-Text aus jenen ihrer Mitschüler:innen herauszufiltern. Eine weitere Möglichkeit wäre, ChatGPT selbst nach einem Alternativtext zu fragen und die beiden Ergebnisse miteinander zu vergleichen.

In unserem Fall sah das Ergebnis wie folgt aus:

Anhand der beiden Texte würden sich etwa folgende Fragen zur Diskussion eignen:

  • Wie schneiden die beiden Texte im Vergleich ab?
  • Woran könnte es liegen, dass die Grundstruktur der Geschichte beibehalten wird und nur in einigen Parametern verändert wird?
  • Sind anhand der beiden Texte Stärken/Schwächen von KI-generierten Texten erkennbar?

Idee 2: ChatGPT als “Zeitzeug:in” im Geschichtsunterricht

Die folgenden beiden Ideen stammen aus der sehr empfehlenswerten Padlet-Sammlung von Alicia Bankhofer, die laufend erweitert wird und neben Grundsatzinformationen auch immer wieder Unterrichtsanregungen enthält (auch unter dem Artikel noch einmal verlinkt).

Mit der ersten, vom deutschen Lehrer Christian Stumfol entwickelten, Anregung könnten sich etwa Schüler:innen im Geschichtsunterricht mit einem/einer aus der DDR Geflüchteten (Porträtfoto ebenfalls KI-erstellt) unterhalten. Die Idee fasst er in folgendem Tweet kompakt zusammen (unterhalb des Eintrages wird zudem auch durchaus kritisch über die Sinnhaftigkeit und Problematiken eines solchen Einsatzes diskutiert, Anm.):

 

Die Idee einer “Interviewführung” mit historischen Persönlichkeiten könnte selbstverständlich nach Belieben abgeändert und auch in anderen Unterrichtsfächern umgesetzt werden. Zumindest als belebende Begleitübung zur Stoffvermittlung erscheint sie aus erster Sicht jedenfalls sinnvoll.

Idee 3: ChatGPT als Tool zur Medienkritik

Eine auf dem Blog KMS-Bildung vorgestellte Übung bezieht sich ebenfalls auf den Geschichtsunterricht, könnte in abgewandelter Form aber auch in anderen Fächern umgesetzt werden. Aufgabenstellung für die Schüler:innen war es dabei, Zeitungsartikel aus verschiedenen Perspektiven zu einem gerade durchgenommenen Thema zu verfassen (in diesem Fall die Berliner “Kongokonferenz” im 19. Jahrhundert), welche dann mit einem von ChatGPT generierten Text verglichen wurde. Die Stärken dieser Übung liegen in der Herausarbeitung von Unterschieden zwischen KI-Texten und menschlichen Texten sowie auch einer medienkritischen Auseinandersetzung.

Idee 4: Der Turing-Test

Vor allem mit ChatGPT ließe sich aber auch eine vereinfachte Form des Turing-Tests (siehe unter diesem Link bei “Exkurs”) umsetzen: Zwei Mitschüler:innen sind nur per Chat mit der Klasse in Kontakt und stellen sich ihren Fragen. Während in einem Fall der Mensch antwortet, werden im anderen die Reaktionen von ChatGPT gepostet. Aufgabe ist es nun, anhand geschickter Fragestellung herauszufinden, wer Mensch und wer Maschine ist.

Um die Aufgabe zu erschweren, wäre es zum Beispiel möglich, persönliche Fragen zum Lebensalltag innerhalb der Klasse nicht zu erlauben. Andererseits wäre in einem ersten Schritt genau dies die wohl zielführendste Möglichkeit, sehr rasch zu einem eindeutigen Ergebnis zu kommen. Grundsätzlich führen nämlich Fragen zu persönlichen Erlebnissen bzw. auch Gefühlen sehr rasch zu einem eindeutigen Ergebnis (ChatGPT antwortet darauf etwa, dass es als KI nicht über Gefühle verfügt).

Idee 5: ChatGPT im Fremdsprachenunterricht

Eine ganze Sammlung an Vorschlägen hat zudem auch die deutsche Plattform unterrichten.digital für den Fremdsprachenunterricht zusammengetragen. Hiermit kann das Programm als Unterrichts- und Korrekturassistent:in zum individuellen Lernen genutzt werden.

Anregungen zur Erstellung von Lehrmaterial

Aber nicht nur im Unterricht mit den Schüler:innen sondern auch in der Unterrichtsvorbereitung können ChatGPT und andere KI-Systeme wertvolle Unterstützung für Lehrende geben. So können etwa einsetzbare Materialien wie Lückentexte, Rechtschreibübungen, Quiz-Formate, Lernpläne und vieles mehr damit sehr leicht erstellt werden. Eine sehr übersichtliche Vorstellung der Möglichkeiten mit einigen Beispielen sind dazu auf dem Blog des deutschen Lehrers Manuel Flick oder auch auf halbtagsblog.de zu finden. Ebenso wie beim Einsatz im Unterricht selbst ist allerdings auch hier ein kritisches Hinterfragen der Ergebnisse anzuraten.



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