Wie Jugendliche mit In-Game-Käufen umgehen

Eine Studie analysiert das Kaufverhalten von Jugendlichen in digitalen Spielen.

Studien
Hände halten Game-Controller
Die besten Fußballstars, coolere Outfits für den Spielcharakter oder Vorteile für das Spiel: All solche Dinge lassen sich in digitalen Spielen als In-App-Käufe erwerben.

Viele digitale Spiele werden kostenlos zum Download angeboten. Sie finanzieren sich häufig über optionale In-Game-Käufe. Dabei können je nach Spiel sowohl rein kosmetische Inhalte als auch Spielvorteile erkauft werden. Doch wie gehen die Jugendlichen in Österreich mit In-Game-Käufen um? Diese und weitere Fragen standen bei einer österreichweiten Studie der Universität Graz im Mittelpunkt, bei welcher 2.610 Schüler:innen zwischen 10 und 19 Jahren befragt wurden. Dadurch zeigt sich: In-Game-Käufe sind längst nichts Außergewöhnliches mehr. Denn 55 Prozent der befragten Jugendlichen haben auf diese Weise bereits Geld ausgegeben.

Wenige Spielende sorgen für Großteil der Ausgaben

Obwohl mehr als die Hälfte der Befragten schon In-Game-Käufe erworben hat, fallen klare Unterschiede bei der Geschlechterverteilung auf: 59 Prozent der männlichen, aber nur 21 Prozent der weiblichen Spielenden gaben in den letzten 12 Monaten Geld für digitale Spiele aus. Die durchschnittliche Höhe der Ausgaben beträgt 170 Euro im Jahr, also etwa 14 Euro im Monat. Dabei konzentrieren sich hohe Ausgaben jedoch auf einige wenige Spielende, während der Großteil weniger Geld ausgibt. So wurden 73 Prozent der in der Studie erhobenen Ausgaben von nur 10 Prozent der Spielenden ausgemacht. Ökonomisch benachteiligte Jugendliche geben dabei ebenso viel aus wie andere.

Seltene Inhalte für sozialen Status

Die Motive für Käufe reichen von persönlichen Motiven (z.B. Gewinnerwartung, Emotionsregulierung) über soziale Dynamiken (z.B. Statusgewinn, Wettbewerbsfähigkeit) bis hin zu designbedingten Motiven (z.B. Druckgefühle durch künstliche Verknappung oder andere Dark Patterns). Das Geldausgeben in Spielen ist dabei mitunter auch eine soziale Praxis innerhalb der Peergroups. Der Gewinn oder der Kauf seltener oder besonders teurer Inhalte wird oft gemeinsam getätigt und anderen berichtet. Verluste und investierte Geldmengen werden dabei aber oft verschwiegen. Kosmetische Inhalte (z.B. Skins) stellen oftmals einen Statusgewinn in der Spielgemeinschaft dar. In manchen Fällen werden sie sogar wie Wertanlagen behandelt und auf einschlägigen Webseiten um bis zu 5-stellige Beträge gehandelt.

Gaming vs. Glücksspiel

Die Studienautor:innen betonen auch die klaren Ähnlichkeiten zwischen der Nutzung von In-Game-Käufen und klassischem Glücksspiel. So z.B. bei Lootboxen, also Überraschungspaketen mit ungewissen Inhalten. Diese werden oft gekauft, um sich nach Serien von Niederlagen im Spiel zu trösten oder um sich für Siege zu belohnen. Auch kognitive Verzerrungen, die aus dem Glücksspiel bekannt sind, treten bei der Nutzung von In-Game-Käufen auf, wie z.B. das Nachjagen vorangegangener Verluste.

Regulierung wünschenswert

Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse legen die Studienautor:innen die Regulierung bestimmter Aspekte von In-Game-Käufen aus Jugendschutzgründen nahe: Neben den aus dem klassischen Glücksspiel bekannten Möglichkeiten, wie z.B. Selbst- und Fremdsperre oder Transparenz bei den Gewinnwahrscheinlichkeiten, wären vor allem Maßnahmen zur Erhöhung der Hemmschwelle bei Käufen sinnvoll. Dazu gehören u.a. die Einschränkung der aggressiven Bewerbung von In-Game-Kaufangeboten und erzwungene Pausen zwischen einzelnen Käufen.


Über die Studie

Die Studie trägt den Titel “Insert Coin to Continue: Nutzung aktueller Finanzierungsmodelle digitaler Spiele von Kindern und Jugendlichen in Österreich”. Sie wurde 2024 veröffentlicht und von Markus Meschik, Johannes Fussi, Elena Stuhlpfarrer und Natalia Wächter an der Universität Graz verfasst.


Tipps für den Unterricht:

Die genannte Studie zeigt, dass In-Game-Käufe längst keine Seltenheit mehr sind. Umso wichtiger ist es, Kindern und Jugendlichen die damit einhergehenden Mechanismen klar zu machen:

  • Werbekompetenz stärken: Um In-App-Käufe als solche erkennen zu können, ist es wichtig, Werbung generell als solche interpretieren zu können und zu wissen, was dahintersteckt. Die Praxis-Idee Werbung in verschiedenen Medien (PS, Sek. 1) zeigt, wie Sie mit Ihren Schüler:innen das Wahrnehmen, Erkennen und Analysieren von Werbung thematisieren können.
  • In-App-Käufe für Jüngere: Auch junge Schüler:innen begegnen in digitalen Spielen schon In-App-Käufen. Ziel ist es daher, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass sie nicht einfach unbedacht irgendwo draufklicken, sondern im Zweifelsfall Erwachsene um Hilfe fragen sollten. Besprechen Sie daher z.B. folgende Fragen im Plenum: Was ist dieses blinkende, aufpoppende Feld? Was will das von mir? Kann ich es wegklicken? Was würde passieren, wenn ich draufklicke? Wie gehe ich damit um, wenn ich nicht weiter weiß?
  • In-App-Käufe für Ältere: Wie vielen Schüler:innen sind in digitalen Spielen schon In-App-Käufe begegnet? Hat schon jemand Geld für In-App-Käufe ausgegeben? Viele In-App-Käufe tarnen sich hinter fiktiven Währungen, um die realen Preise für die digitalen Güter zu verschleiern. Rechnen Sie mit den Schüler:innen daher die realen Preise für In-App-Käufe in ihren Spielen durch, z.B.: Wenn 1000 V-Bucks 8,99 Euro kosten und der gewünschte Skin 1400 Goldmünzen kostet, wie viel Geld muss ich dann ausgeben, um den Skin zu kaufen? Reflektieren Sie mit den Schüler:innen, was das Verlockende an In-App-Käufen ist und wie man damit umgehen kann (z.B. Spiele mit In-App-Käufen meiden, sich die verlockenden Dark Patterns bewusst machen, mit den Eltern eine Vereinbarung treffen ob oder wie viel Geld für In-App-Käufe ausgegeben werden darf).


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