Geschlechtsstereotype Medienheld:innen

Kritisches Hinterfragen von typischen Geschlechterrollen in der Medienwelt.
Primarstufe
Deutsch
Geschichte & Sozialkunde
Werkerziehung & bildnerisches Gestalten

Kompetenzen der Digitalen Grundbildung

  • Kommunikation

Kerngebiete

  • Digitale Kommunikation und Social Media
  • Mediengestaltung
  • Sicherheit

Ressourcen


Einführung

In der Film- und Fernsehwelt begegnen wir immer wieder starren Geschlechtsstereotypen. So begegnet uns oft ein männlicher, mit Muskeln bepackter Superheld, der die Welt rettet. Obwohl sich die Mädchen und Frauen im Laufe der Zeit aus ihrer ursprünglichen Schlüsselfigur der "Prinzessin in Not" herausgelöst haben, sind auch sie nach wie vor mit "typischen" Geschlechtsmerkmalen gekennzeichnet. Diese Projektidee soll helfen sich mit dem Thema Gender und typischen Geschelchtsmerkmalen auseinanderzusetzen. In den unterschiedlichen Modulen werden Ideen beschrieben, die aufzeigen, wie die Kinder dem Thema begegnen können. Im Mittelpunkt stehen besonders die eigenen Medienheld:innen der Kinder, die spielerisch hinterfragt werden können. Von Sachgesprächen bis hin zum eigenen Film, können die Kinder Erfahrungen und Sichtweisen zu Geschlechterrollen und Co sammeln. Für die älteren Kinder kommt auch das Thema um öffentliche Profile in den Blick. Die Module können als eine gesamte Projektidee oder einzeln durchgeführt werden. Jedes Modul beinhaltet immer Ideen zur 1. - 2. und zur 3. - 4. Klasse Primarstufe. 

FRAGERUNDE | Plenum
Die Lehrperson startet die Stunde mit einer allgemeinen Diskussion. Einleitend werden über folgende Frage Ideen gesammelt:

  • Was glaubt ihr: Wieso gibt es immer wieder Dinge, die "typisch" für Mädchen und "typisch" für Buben angesehen werden?

In einem lockeren Austausch können die Schüler:innen ihre Gedanke zu dieser Thematik teilen. Achten Sie hierbei auf einen wertschätzenden Umgang ohne jegliche Wertung der Antworten. 


Modul 1 - Mit einer Geschichte arbeiten

Einführung in die Genderthematik

EINSTIEG | Plenum
Um das Thema “Gender” in den Schulalltag zu bringen, bietet es sich an, als Einführung eine Geschichte zu wählen, mit der sich die Kinder ein Stück weit identifizieren können. Wenn Sie lieber mit Bilderbüchern arbeiten, finden Sie unter den weiterführenden Links Buchempfehlungen zum Thema Gender und Geschlechtsstereotypen. 

Optional können Sie auch gernen einen kurzen Video - Clip als Einstieg verwenden. Den Link zum Video finden Sie hier: "Der Wolf im Tutu".

In der Geschichte “...,weil du ein Mädchen bist!” begegnen Sie Kindern, die sich am Spielplatz intensiv mit typischen Geschlechtsstereotypen auseinandersetzen. Die Kinder in dieser Geschichte haben die Vorstellung, dass gewisse Eigenschaften und Fähigkeiten, nur einem bestimmten Geschlecht zuzuordnen sind. Besonders schwierig ist die Situation an diesem Tag für die Freunde Marius und Ida. Die beiden sind nämlich ein Bub und ein Mädchen - und trotzdem beste Freunde. Während Marius sich der Bubengruppe anschließt  und dort gegen die Mädchengruppe protestiert, taucht Ida - die mit der “Buben-Mädchen” Trennung gar nichts anfangen kann - in eine fantastische und spannende neue Welt ein - dank eines Buches, das niemand kennt und wie aus Zauberhand seinen Weg in ihre Hände findet. Eine Geschichte über Gleichheit, Stärken, Interessen, Medieneinflüsse und Kinderrechte.

SACHGESPRÄCH | Plenum
Im Anschluss an die Geschichte, bietet es sich an mit den Kindern anhand einiger Reflexionsfragen, das Gehörte zu hinterfragen. 
Beispiele für Reflexionsfragen finden Sie hier:

  • Sind Superhelden immer Buben?
  • Wann ist ein:e Held:in wirklich ein:e Held:in?
  • Habt ihr Vorbilder/Lieblingsfiguren? 
  • Wie würde es euch gehen, wenn plötzlich in der Gruppe die Einstellung “Buben gegen Mädchen” herrschen würde?
  • Findet ihr, dass es Unterschiede zwischen Buben und Mädchen gibt?
  • Sind Unterschiede zwischen Buben und Mädchen wichtig? Wenn ja, warum?
  • Was ist typisch Mädchen?
  • Was ist typisch Buben?
  • Könnten typischen “Mädchen-Dinge” auch für Buben geeignet sein?

KREATIV WERDEN | Partner:innenarbeit
Nachdem die Geschichte besprochen wurde, sollen die Kinder selbst aktiv werden und die Geschichte von Ida und Marius weiterführen. Können die Kinder bereits gut schreiben, kann die Geschichte verschriftlicht werden. Ansonsten kann auch gezeichnet oder einfach nur gesprochen werden, um den Schüler:innen möglichst viel kreative Freiheit zu lassen. Wichtig ist, dass die Erzählung so fortgeführt wird, dass Marius und Ida alle Geschlechter inkludieren und keinen Unterschied zwischen Mädchen und Buben machen. Wenn die Kinder keine Idee zu dieser Thematik haben, dann können natürlich ein paar Denkanstöße gegeben werden: 

  • Welchen Menschen begegnen Ida und Marius auf ihrem Weg?
  • Wie klären sie die Menschen über die Lumpis auf?
  • Wie erklären sie ihren Eltern, dass es ganz egal ist welches Geschlecht man hat?

Nach der Partner:innenarbeit können die Geschichten in der Klasse vorgetragen werden und die Thematik gemeinsam besprochen werden.

Modul 2 - Unsere Medienheld:innen

Kinder recherchieren in Gruppen über ihre persönlichen Medienheld:innen

EINSTIEG | Plenum
Die Einführung in dieses Modul ist ein Gespräch in der Klasse über die persönlichen Lieblingsheld:innen aus der Film- und Fernsehwelt. In der Gesamtgruppe können die Kinder erzählen, welche Serien oder Filme sie besonders gerne sehen. 
Aufbauend darauf dürfen sich die Kinder in Gruppen zusammenfinden oder werden von der Lehrperson in Gruppen eingeteilt. Jede Gruppe bekommt eine Serie, einen Film oder eine:n spezielle:n Held:in zugeteilt.

Gruppenarbeit
Variante A eignet sich für Kinder der 1. und 2. Klasse Primarstufe:
Die Kinder dürfen, mit Untersützung der Lehrkraft, in ihren zugeteilten Gruppen nach bestimmten Clips oder Suchbegriffen zu ihrer Serie recherchieren. Für die 1. und 2. Klasse der Primarstufe, wäre es sinnvoll sich gemeinsam mit den Kindern Suchbegriffe zu überlegen, nach denen anschließend gesucht wird. Wichtig hierbei ist, sich selbst zuvor mit geeigneten Suchmaschinen für Kinder auseinanderzusetzen. Beispiele für kindgerechte Suchmaschinen wären:

Am Lehrer:innenweb finden Sie unter Kinderseiten noch weitere Beispiele für weitere Seiten. 

Variante B eignet sich für Kinder der 3. und 4. Klasse Primarstufe:
Die Kinder haben zwar hier die gleiche Aufgabe, können jedoch schon freier und teilweise auch alleine in der Klasse recherchieren. Zusätzlich können Sie den Kinder schon im Vorfeld einige Reflexionsfragen mit in die Gruppenarbeit geben. 
Die Kinder haben pro Gruppe nun einen Clip oder ein Bild zu ihren Medienheld:innen recherchiert. Die Gruppen können nun in der Klasse ihre Recherchergebnisse präsentieren. Nachstehende Reflexionsfragen können den Schüler:innen entweder schon im Vorfeld gegeben werden, oder sie werden im Zuge der Präsentation gemeinsam mit den Kindern besprochen. 

  • Was sieht man in der Szene oder auf dem Bild?
  • Warum habt ihr euch für diese Szene / dieses Bild entschieden? 
  • Ist darauf ein Bub oder ein Mädchen zu sehen? 
  • Warum denkt ihr, dass es ein Bub oder ein Mädchen ist?
  • Sind in der Szene / in dem Bild mehr Buben oder Mädchen zu sehen? 
  • Warum muss der Charakter so aussehen, wie er/sie aussieht? 
  • (optional) Warum wird der weibliche Charakter nicht so stark dargestellt wie der männliche? 

Tipp
Sollten Sie bei der Recherche nicht fündig werden, kann auch Youtube für das Ansehen eines Clips als Quelle verwendet werden. Seien Sie hier aber jedenfalls als Begleitung dabei, um mit den Schüler:innen Dinge, wie auftauchende Werbung, besprechen und hinterfragen zu können. Achten Sie bei der Verwendung von Bildern und Videos aus dem Internet aber darauf, dass diese nirgends veröffentlicht werden. Im Lehrer:innenweb finden Sie hierzu Wissenswertes und weiterführende Links zum Thema Datenschutz und Urherberrecht:

Modul 3 - Steckbriefe hinterfragen

Gelebte Stereotype - Aufgabe zur Vertiefung der Genderthematik

Dieses Modul kann je nach Altersgruppe erneut angepasst werden.

Aufgabe für die Kinder der 1. und 2. Klasse Primarstufe:
Sie können den Kindern ein "stereotypes" Foto einer Person vorlegen. Die Kinder sollen daraufhin diese Person beschreiben. 

  • Welchen Beruf hat diese Person?
  • Welche Charaktereigenschaften könnte diese Person haben?
  • Was könnten die Hobbys dieser Person sein?

Auflösung
Als Auflösung dafür, welche Charaktereigenschaften hinter der Person am Bild stecken, bietet es sich an, dem Bild der Person eine sehr konträre Rolle zum eigentlichen Erscheinungsbild zu geben. Die Kinder sollen in der Reflexion darauf aufmerksam gemacht werden, dass Äußerlichkeiten nicht unbedingt auch Fähigkeiten, berufliche Qualifikation oder Charaktereigenschaften beeinflussen. 

Aufgabe für die Kinder der 3. und 4. Klasse Primarstufe:
Die Kinder bekommen ein Arbeitsblatt, welche wir Ihnen anbei verlinkt haben. Auf diesem Blatt ist ein Steckbrief einer Person aus einem öffentlichen Profil zu sehen. Die Kinder können allerdings nur die Beschreibung der Person lesen und sollen sich dadurch ein Bild der Person machen.  Im ersten Schritt sollen sich die Kinder entweder in der Kleingruppe oder allein mit Fragen auseinandersetzen. Zum Beispiel:

  • Was fällt dir/euch auf?
  • Was wissen wir jetzt über diese Person?
  • Was wissen wir nicht? 
  • Welcher Mensch könnte hinter dieser Beschreibung stecken?
  • Wie könnte die Person heißen und wie sieht sie aus? 

Nachdem sich die Kinder Gedanken zu der Person gemacht haben, kann in der Klasse das Profil besprochen werden. 

Arbeitsmaterial:

Auflösung
Als Auflösung bietet es sich an, der Beschreibung der Person eine sehr konträres Bild zu geben. Die Kinder sollen in der Reflexion darauf aufmerksam gemacht werden, dass Äußerlichkeiten nicht unbedingt auch Fähigkeiten, berufliche Qualifikation oder Charaktereigenschaften beeinflussen.

Tipp
Da sie in dieser Variante mit öffentlichen Profilen arbeiten, können Sie die Kinder auch darauf sensibilisieren achtsam zu sein bezüglich Beschreibungen öffentlicher Profile. 

Nach der Auflösung der Bilder, sollte mit den Kindern die Aufgabe gut reflektiert werden. Hinterfragen Sie gemeinsam, wie diese ersten Annahmen über die Person entstanden sind:

  • Was können Bilder in uns auslösen? 
  • Warum schließen wir (vielleicht) von Äußerlichkeiten auf Charaktereigenschaften? 
  • Wann verwendet man eine Steckbrief oder Personenbeschreibungen?
  • Beispiel: Wie findet ihr es, dass zum Beispiel eine sehr elegante Frau am Bild eigentlich Mechanikerin ist?

Tipp: Als Einstieg oder Weiterführung dieser Thematik eignet sich unsere Praxisidee: Das alles bin ich .

Modul 4 - Die Held:innen von morgen

Die Kinder können ganz persönliche Held:innen gestalten

Die Kinder dürfen ihren eigenen Helden oder ihre eigene Heldin gestalten. Wichtig dabei ist, dass Sie die Kinder in ihrem Prozess begleiten. Achten Sie darauf, ob die Schüler:innen ihren Held:innen typische Geschlechtermerkmale zuordnen. Es kann hilfreich sein, diese Merkmale anzusprechen und gemeinsam mit den Kindern zu hinterfragen. 

Beispiel: Ein Kind malt einen Superhelden, mit großen, starken Muskeln, gibt ihm einen sehr männlichen Namen und typisch “männliche” Hobbies (Fußball, Autos,etc..). Die Kinder dürfen natürlich typische Held:innen gestalten, dennoch sollten Sie darauf achten diese “klassichen” Merkmale anzusprechen und kritisch aufzubrechen.

Folgende Fragen könnten Ihnen dabei helfen:

  • Könnte ein Mädchen/ein Bub die gleichen Fähigkeiten haben?
  • Was sind seine/ihre Fähigkeiten?
  • Warum besitzt er/sie genau diese?

Die neu kreierten Held:innen können nun in eine ganz neue Geschichte eintauchen. Die Schüler:innen können gerne gemeinsam eine Geschichte mit den verschiedenen Held:innen kreieren. Hierzu gibt es eine analoge oder eine digitale Variante.

  • Analoge Variante: Die Bildgeschichte
    Von jeder Zeichnung wird mit einer Kamera oder dem Handy/Tablet ein Bild gemacht. Diese können anschließend ausgedruckt und gemeinsam mit den Kindern angeordnet werden. Der Vorteil dieser Variante ist, dass die Geschichte bei jedem Mal auflegen, neu erfunden werden kann. Es braucht nicht zwingend ein Skript dahinter, da die Geschichte spontan entsteht und sich an der Anordnung der Bilder orientiert. 
     
  • Digitale Variante: Stop Motion Film 
    Die Kinder können sich in Gruppen zusammenfinden und ihre Figuren in eine selbst erfundene Geschichte einspeisen. Mittels Tablet und der App Stop Motion Studio (Android, iOs) können die Kinder nun ihre Figuren zum Leben erwecken und einen eigenen kleinen Film drehen. Tipp: Eine Tour durch die Stop Motion App finden Sie  hier. Ein Making Of eines Filmes finden Sie hier .

Die Kinder lernen so, ihre eigenen Medienheld:innen in eine Geschichte einzubetten. Die kritischen Fragen können dabei helfen, den Lernenden Freiraum zu geben und sich nicht auf ein Geschlechterstereotyp festzufahren. Diese kreative Arbeit kann dabei unterstützen, Medienheld:inne zu hinterfragen und einen offeneren Umgang mit geschlechterneutralen Vorbildern zu haben.


Reflexion

Wenn Sie mit Kindern die eigenen Medienheld:innen oder die Geschlechterrollen an sich hinterfragen, ist es wichtig nicht zu werten. Die Kindern sollen lediglich Gedankenanstöße bekommen - zum Beispiel dafür, dass eben ein Superheld nicht immer zwingend männlich und muskelbepackt sein muss. Diese teilweise "perfekten" Körperformen können Kinder in ihrer Entwicklung irritieren oder ihnen ein verzerrtes Bild vermitteln. Des Weiteren bieten die Ideen für die 3 - 4 Schulstufe auch die Möglichkeit, die Kinder sensibel und hellhörig zu machen bezüglich öffentlicher Social Media Profile. In den einzelnen Modulen finden Sie einige Reflexionsfragen, die Sie für eine Nachbesprechung mit den Kindern nutzen können.


Weiterführende Ideen

Bilderbücher
Vertiefend oder optional zur Geschichte, bieten sich einige Bilderbücher zum Thema Gender und Geschlechtssterotypen an. Eine Übersicht finden Sie bei WienXtra. 


Sachinformationen

Die Bedeutung von Gender
Die Thematik um Gender und Schule wird seit Ende der 1970er Jahre in engem Zusammenhang mit Erkenntnissen der Frauen- und Geschlechterforschung diskutiert. Gender ist ein Sammelbegriff für alle mit dem Geschlechtsunterschied verbundenen Eigenschaften, Verhaltensweisen, Stereotype, sozialen Zuordnungen, kulturellen Zuschreibungen etc., die nicht biologisch vorgegeben sind. 

“Biologische Tatsachen sind keine Festschreibungen für Verhalten, Charakter oder Fähigkeiten. Anders als die biologische Einteilung bezeichnet der Begriff “Gender” die sozialen und kulturellen Aspekte geschlechtlicher Identität, die auch ein Ergebnis von Bildung, Erziehung, Rollenzuweisungen und Selbstidentifikation ist.”
Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen & Bayerisches  Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Hg.) (2012). Gemeinsam Verantwortung tragen. Bayerische Leitlinien für die Bildung und Erziehung von Kindern bis zum Ende des  Grundschulalters. (S. 33‐34)