“HÖR HIN”: Volksschüler als Hörbuch-Produzenten
“Was habt ihr aus unserer Klasse gemacht?”, fragt ein Schüler erstaunt. Die Kinder der Mehrstufenklasse 2 der Ganztagsvolksschule Brioschiweg erkennen ihr Klassenzimmer kaum wieder, als sie es betreten: Die Tische und Stühle sind zur Seite geschoben, vor den Fenstern sind schallschluckende Trennwände aufgebaut. Zwei große Mikrofone stehen schon davor bereit und sind an einen Laptop angeschlossen, vor welchem ein Tontechniker sitzt. Drei Workshop-Betreuerinnen stehen ebenfalls bereit und treffen letzte Vorbereitungen. Denn heute ist das Team der “HÖR HIN”-Initiative des JUNGÖSTERREICH-Verlags zu Gast. Die Initiative für Lese- und Sprachkompetenz bringt in diesem Schuljahr kostenlos Medienprofis in die Schulklassen und bringt den SchülerInnen bei, wie ein echtes Hörbuch entsteht. Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern wird heute das Hörbuch “Chaos am Piratenschiff” aufgenommen.
Zum Lesen animiert
Schon vor dem eigentlichen Workshop konnte die Klasse eines von drei verschiedenen Hörspielen auswählen und entschied sich für “Chaos am Piratenschiff”. “Wir haben den Text gemeinsam erlesen, darüber gesprochen und die Rollen aufgeteilt”, erzählt eine Klassenlehrerin über die Vorbereitungen zum heutigen Workshop. Viele Ideen, wie man denn die unterschiedlichen Geräusche aufnehmen könnte, kamen dann von den Kindern, erzählt die Lehrerin weiter und deutet auf eine Kiste, in der schon mehrere geräuschvolle Utensilien bereitliegen.
Nach einer kurzen Einführung geht es auch schon los. Die SchülerInnen teilen sich in drei Gruppen auf: SprecherInnen, GruppensprecherInnen und die Geräuschegruppe. Jede Gruppe geht mit einer der drei Workshop-Betreuerinnen mit, denn zuallererst muss geprobt werden. Die SprecherInnen lesen jeweils ihre Textzeilen vor, gemeinsam mit dem Rest der Gruppe, einer Klassenlehrerin und einer Workshop-Betreuerin wird über verschiedene Betonungen beratschlagt. Die GruppensprecherInnen müssen ihre Texte gemeinsam als Gruppe, teilweise gleichzeitig und teilweise durcheinander, sprechen – auch das wird nun geübt.
Kinder als Sounddesigner
In der Geräuschegruppe sucht sich unterdessen jedes Kind sein Utensil: Mithilfe eines Cajons werden Schritte auf einer Holztreppe imitiert. Ein Tablett, das über eine Kiste voller Nüsse rattert, sorgt für ein Geräusch, das klingt, als würde das Piratenschiff auf Schotter auflaufen. Eine kleine Ratsche sorgt für unheimliches, lautes Knarren. Um das Meeresrauschen zu imitieren, wird ein rundes Behältnis mit vielen kleinen Metallkügelchen darin vorsichtig hin- und herbewegt. Nachdem jedes Geräusch einmal geprobt wurde, geht es auch schon an die Aufnahme. Ein Kind nach dem anderen schreitet zum Mikrofon und nimmt konzentriert sein Geräusch auf. Der Rest der Gruppe sitzt mucksmäuschenstill daneben, schließlich sollen auf dem Hörbuch später keine störenden Geräusche zu hören sein.
Nachdem die Geräuschegruppe fertig ist und sich nun daran macht, CD-Covers für ihre späteren Hörbuch-CDs zu gestalten, nehmen die GruppensprecherInnen und später die SprecherInnen ihre Texte auf. Die eifrige Vorbereitung hat sich gelohnt: Nahezu jede Aufnahme sitzt direkt beim ersten Versuch.
Nach etwa zwei Stunden sind alle Bestandteile aufgenommen. Die Kinder finden wieder im Sesselkreis zusammen. Nun wird um Feedback gebeten: “Mir hat’s Spaß gemacht”, meint ein Schüler. “Ich bin froh, dass wir’s jetzt geschafft haben”, seufzt eine Schülerin erschöpft, aber glücklich. Zum Abschluss gewährt der Tontechniker schon einen ersten, kurzen Eindruck vom Hörbuch und spielt der Klasse einige Aufnahmen vor. Strahlend lächelnd lauschen die SchülerInnen dem Hörspiel und belohnen sich für die erfolgreiche Arbeit mit Applaus, das Ergebnis können sie kaum erwarten. Schon in wenigen Tagen wird der Klasse das fertige, etwa 5 bis 6 Minuten lange Hörspiel zugeschickt.