KI & Schönheitsfilter - Wie KI den Blick auf Körper verändert

Schüler:innen werfen einen kritischen Blick auf Schönheitsfilter in sozialen Medien und hinterfragen gesellschaftlich dominante Schönheitsideale
Sekundarstufe I
Sekundarstufe II
Deutsch
Fremdsprachen
Geschichte & Sozialkunde

Kompetenzen der Digitalen Grundbildung

  • Information
  • Orientierung

Ressourcen

  • Lehrer:innen-Handout
  • Lehrer:innen-Laptop mit Kamera oder Lehrer:innen-PC mit externer Webcam
  • Beamer oder digitales Whiteboard
  • Für Variante 1 im Modul B: Flipchartpapier/A3-Blätter und Stifte oder Klebezettel
  • Für Variante 2 im Modul B: Schüler:innen-Endgeräte und kollaboratives Online-Pad (z.B: Padlet, eduPad oder Kanban)

Kontext

Schönheitsfilter (auch Beauty-Filter genannt) sind längst Teil des digitalen Alltags vieler Schüler:innen. Mit wenigen Klicks oder einem Fingerwisch lassen sich auf Selfies und gedrehten Videoclips Gesichter glätten, Augen vergrößern oder sonstige Körpereigenschaften verändern – oft, ohne dass es auf den ersten Blick erkennbar ist. Manche Smartphones, Apps und Filter machen dies schon mittels Künstlicher Intelligenz komplett selbstständig, sodass Nutzer:innen sich beim Blick auf das Smartphone-Display mit aktiver Kamera direkt durch einen (unbewusst) aktivierten Filter betrachten. Die scheinbare “Realität” wird dadurch automatisch verzerrt. Besonders in sozialen Medien wie Instagram, TikTok oder Snapchat begegnen Schüler:innen täglich bearbeiteten Bildern, die ein scheinbar perfektes Aussehen zeigen und gesellschaftlich dominierende Schönheitsideale verstärken.

Gerade in der vulnerablen Phase der Selbstfindung und Identitätsentwicklung von jungen Menschen kann dies starken Einfluss auf das Selbstbild und das Körpergefühl von Schüler:innen haben. Studien zeigen, dass gefilterte Darstellungen nicht nur zu Unzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen führen können, sondern auch psychische Belastungen verstärken – von Selbstzweifeln bis hin zu Essstörungen oder sozialem Rückzug.

Die beiden Module bauen aufeinander auf, sodass die Schüler:innen das Vorwissen aus dem ersten Modul brauchen, um die Aufgaben im zweiten Modul leichter absolvieren zu können. Die gesamte Praxisidee ist für ca. 3 Schulstunden ausgelegt. 

Vorbereitung

Für die Klassenaufgabe der “Stillen Diskussion” (siehe Modul B) sollte die Lehrperson im Vorfeld entweder ein Online-Pad oder die verschiedenen Flipcharts inklusive Aussagen vorbereiten. Padlet eignet sich unserer Einschätzung nach gut für die visuelle Darstellung der Aussagen. Wenn die Lehrperson sich bei Padlet anmeldet, kann sie drei Pads kostenfrei erstellen. 

Einstieg

QUIZ | “Stress pur: Schönheitsideale & Beauty-Filter”

Einzelarbeit

Zum Einstieg in diese Praxisidee machen die Schüler:innen in Eigenarbeit das Quiz zu Schönheitsidealen und Beauty-Filtern von saferinternet.at. Die Fragen im Quiz thematisieren unter anderem Schönheitsstandards auf Social Media, die Verwendung von Schönheitsfiltern und deren Einfluss auf die Selbstwahrnehmung sowie die Rolle von Influencer:innen. Ziel ist die Schärfung des Bewusstseins für bearbeitete Fotos und das Hinterfragen von Beauty-Filtern und dahinter versteckten vermeintlichen Idealen von Schönheit. 


Modul A: Schönheitsfilter in Sozialen Medien

DISKUSSION | Nutzung und Wirkung von Schönheitsfiltern

Plenum

Die im Quiz angesprochenen Themen und Fragen dienten als Einstieg in das Thema dieser Praxisidee und sollen nun nochmal mit der ganzen Klasse diskutiert werden. Folgende Impulsfragen könnte die Lehrperson dafür verwenden: 

  • Wie ging es euch bei dem Quiz? Welche Fragen waren schwer, welche waren leicht zu beantworten?
  • Gab es Begriffe, die für euch neu waren? (z.B. Bodyshaming, Influencer:innen oder Rat auf Draht)
  • Habt ihr euch zu den Themen im Quiz schon selbst mal Gedanken gemacht?
  • Was bedeutet für euch „echte Schönheit“? Gibt es da online und offline Unterschiede?
  • Glaubt ihr, dass Schönheitsfilter das Selbstbild beeinflussen? Positiv oder negativ?
  • Wie reagiert ihr, wenn ihr Fotos von anderen auf Social Media seht, die „perfekt“ aussehen? Vergleicht ihr euch?
  • Was glaubt ihr: Wie groß ist der Druck, online gut auszusehen – und woher kommt dieser Druck?
  • Findet ihr es in Ordnung, wenn Influencer:innen oder Unternehmen stark bearbeitete Fotos posten, ohne das kenntlich zu machen?
  • (optional) Benutzt ihr selbst Filter? Wenn ja, welche und für welche Zwecke?

INPUT | Wie funktionieren Gesichts- und Schönheitsfilter?

Plenum

KI-gestützte Schönheitsfilter nutzen moderne Methoden der künstlichen Intelligenz, insbesondere aus dem Bereich des maschinellen Lernens, um Gesichter in Bildern oder Videos zu erkennen, zu analysieren und gezielt zu verändern. Folgende Punkte aus dem Lehrer:innen-Handout kann die Lehrperson den Schüler:innen vermitteln. Die unten erwähnte Webseite hilft bei der Visualisierung, damit die Schüler:innen direkt sehen, wie Künstliche Intelligenz Gesichter erfasst. Am besten projiziert die Lehrperson ihr eigenes Gesicht auf den Beamer oder das digitale Whiteboard.

  • Gesichtserkennung: Zuerst erkennt die Software das menschliche Gesicht, zum Beispiel auf dem Smartphone im Selfie-Modus. Hierbei werden markante Orientierungspunkte (sogenannte Knotenpunkte) wie Augen, Nase, Mund, Kinn und andere charakteristische Merkmale lokalisiert. Moderne Algorithmen arbeiten mit hunderten solcher Punkte, um die genaue Gesichtsstruktur zu erfassen. Um den Schüler:innen zu zeigen, wie eine Software Gesichter erkennt, analysiert und in Daten umwandelt, eignet sich die Webseite vladmandic.github.io. Diese Anwendung soll den Schüler:innen vermitteln, wie das menschliche Gesicht als Muster erkannt wird. Zudem gibt es auch noch die Zusatzfunktionen, dass sogar die Blickrichtung, das Alter und die Einschätzung der Emotionen der Person von der Kamera erfasst werden.
  • Analyse der Gesichtsmerkmale: Die KI analysiert die Proportionen und Positionen der einzelnen Gesichtsteile. Sie hat zuvor anhand von tausenden Trainingsbildern gelernt, wie typische Gesichter aufgebaut sind und wie sich diese Merkmale zueinander verhalten.
  • Anwendung des Filters: Nach der Gesichtserkennung wird eine Art unsichtbares, topografisches Netz bzw. eine digitale Maske über das Gesicht gelegt. Auf diesem Netz können dann verschiedene Effekte angewandt werden – von Hautglättung, Lippenvergrößerung, Aufhellen der Zähne bis hin zu komplett neuen Gesichtsausdrücken oder digitalen Accessoires wie Sonnenbrillen oder Tierohren.
  • Echtzeit-Verarbeitung: Dank leistungsfähiger neuronaler Netze und moderner Technik können diese Veränderungen in Echtzeit auf Live-Videos oder Selfies angewandt werden, wie es etwa bei Instagram, Snapchat oder TikTok üblich ist. Mitunter können sogar Gesichtsausdrücke gezielt verändert werden, indem einzelne Merkmale wie Augenform, Mundwinkel oder Augenbrauen digital angepasst werden, ohne dass das Gesicht unnatürlich wirkt.

VIDEO | Gesichts- und Schönheitsfilter

Plenum

Damit die Schüler:innen weiteres Hintergrundwissen zu Gesichts- und Schönheitsfiltern bekommen, eignet sich das Video des Content-Produzenten und Influencers Jonas Ems Wie Face Filter uns schaden | Realtalk. Dabei muss nicht das gesamte halbstündige Video gezeigt werden, sondern nur der Ausschnitt ab Minute 2:19 (Kapitel 1: Gesichtsfilter) bis zur Minute 12:49. In diesem Ausschnitt wird beleuchtet, wie Gesichtsfilter funktionieren, wie sie gezielt auf Social Media eingesetzt werden und welche Gefahren damit für Nutzer:innen einhergehen. Die Inhalte des Videos dienen den Schüler:innen als Vorbereitung für die Aufgaben im Modul B. 


Modul B: Kritischer Blick auf Schönheitsideale

In diesem Modul stehen das kritische Denken, die Meinungsbildung und die Selbstreflexion der Schüler:innen im Vordergrund. Indem sie mit verschiedenen Aussagen rund um Schönheitsfilter konfrontiert werden, setzen sie sich aktiv mit den dahinterliegenden Werten und Normen auseinander.

STILLE DISKUSSION | Aussagen zu Schönheitsfiltern und -idealen

Einzelarbeit

Die Lehrperson wählt 4-6 Aussagen aus den Beispielen unten und entscheidet sich entweder für Variante 1 (analog im Klassenraum) oder Variante 2 (digital mit Padlet, eduPad oder Kanban).

Beispiel-Aussagen:

  • Wir vergleichen uns mit Gesichtern, die gar nicht existieren.
  • Künstliche Intelligenz sollte nicht entscheiden, was schön ist.
  • Schönheitsfilter zeigen, wie wir wirklich sein wollen.
  • Je mehr wir uns bearbeiten, desto weniger erkennen wir uns selbst.
  • Filter sind nicht das Problem – das gesellschaftliche Schönheitsideal ist es.
  • Wenn alle Nutzer:innen Filter verwenden, ist niemand mehr echt.
  • Schönheitsfilter erzeugen viel Druck und sind schädlich für das Selbstbewusstsein.
  • Es sollte Pflicht sein, bearbeitete Fotos und Videos zu kennzeichnen.
  • Filter helfen uns, kreative Versionen von uns selbst zu zeigen – was ist daran falsch?
  • Echte Schönheit braucht keinen Filter – aber Mut.
  • Schönheitsfilter in Social Media sollten verboten werden.
  • Ohne perfekte Bilder wird man in sozialen Medien kaum wahrgenommen.
  • Schönheitsfilter sind eine moderne Form von Verkleidung – harmlos und kreativ.

Tipp: Gerade bei dem Thema Schönheitsfilter, das sehr persönlich erlebt werden kann, hilft diese Methode, anonym und ohne Leistungsdruck in den Austausch zu kommen. Noch anonymer ist Variante 2 mittels Schüler:innen-Endgeräten und einem digitalen Pad, auf dem die Klasse anonym ihre Beiträge posten kann, ohne dass Rückschlüsse auf den/die Verfasser:in gezogen werden können.


Variante 1: Analog im Klassenraum 

  • 4–6 Aussagen werden auf große Plakate (A3 oder Flipchartpapier) geschrieben
  • Die Plakate werden im Klassenraum auf Tischen verteilt oder an die Wände gehängt
  • Stifte oder Klebezettel liegen für die Schüler:innen bereit

Auf jedem Plakat steht eine Aussage zum Thema Schönheitsfilter. Die Schüler:innen sollen frei im Klassenraum herumgehen und ihre Meinung, Fragen oder Argumente direkt auf das Plakat oder auf einen Klebezettel schreiben. Die Schüler:innen können dabei auch auf andere Kommentare reagieren, zustimmen, widersprechen oder Argumente ergänzen.

Variante 2: Digital mit Online-Pad 

  • Ein Online-Pad wird angelegt (z.B. in der Spalten- oder Pinnwand-Ansicht)
  • In jeder Spalte/in jedem Feld steht eine Aussage zur Diskussion (4-6 Aussagen)
  • Zugangslink oder QR-Code wird mit den Schüler:innen geteilt

Die Schüler:innen loggen sich mit ihren Geräten ein (für die Online-Pads ist von Seiten der Schüler:innen keine Anmeldung erforderlich; die Schüler:innen bleiben anonym). Anschließend posten sie unter den Aussagen ihre Kommentare, Fragen, Argumente (auch Bilder und Emojis können bei dieser Variante genutzt werden). 

Für diese stille Diskussion hat die Klasse etwa 25 bis 30 Minuten Zeit, um auch auf Kommentare der anderen Schüler:innen reagieren zu können.

PERSPEKTIVENAUSTAUSCH | Meinungen zu Schönheitsfiltern

Plenum

Anschließend werden die Plakate in einem Rundgang oder das digitale Pad (projiziert am Beamer oder an dem digitalen Whiteboard) gemeinsam gesichtet. Die Beiträge und Meinungen können von der Lehrperson laut vorgelesen werden. Die Schüler:innen müssen dazu keine Stellung beziehen, das Nebeneinanderstehen von vielfältigen Perspektiven steht bei dieser Methode im Vordergrund. Bei Bedarf kann selbstverständlich auf einige Punkte nochmal genauer eingegangen werden. 

KREATIVES GESTALTEN | Werbekampagne zu Schönheitsfiltern

Gruppenarbeit

Bei dieser Aufgabe entwickeln die Schüler:innen in Gruppen zwischen 4-6 Personen eine Mini-Kampagne, bei der sie ihre Haltung zum Thema Schönheitsfilter in eine Botschaft übersetzen sollen. Hierfür können auch aufgeschriebene Argumente oder Statements aus der vorherigen Aufgabe verwendet und/oder erweitert werden. 

Jede Gruppe arbeitet an drei zentralen Elementen:

  1. Ein Slogan, der kurz und prägnant ausdrückt, wofür die Gruppe steht – beispielsweise gegen Schönheitsdruck in sozialen Netzwerken, gegen KI-gestützte Beauty-Filter oder für echte Vielfalt auf Social Media ohne Verzerrung durch Filter.
  2. Ein kurzes Statement oder ein begleitender Text, der erklärt, worum es in der Kampagne geht und warum sie wichtig ist.
  3. Ein Plakat/Flyer (gezeichnet auf Flipchartpapier/A3-Blätter oder digital z.B. mit Hilfe von Microsoft Office, Paint oder Canva), auf dem visuell ihre Idee zur Werbekampagne dargestellt wird. Wenn Schüler:innen sich unwohl fühlen, “live” vor der gesamten Klasse zu präsentieren, können Gruppen ihr Plakat auch in einem kurzen Werbevideo vorstellen, das sie mit einem Tablet oder Smartphone aufnehmen können. 

PRÄSENTATION | Werbekampagne zu Schönheitsfiltern

Plenum

Die Plakate//Flyer/Werbevideos werden anschließend im Plenum präsentiert, (ausgedruckt) und in der Klasse aufgehängt, damit die Schüler:innen sich den Druck von Selbstdarstellung und Schönheitsidealen in sozialen Medien stets ins Bewusstsein rufen können und daran erinnert werden, dass manchmal Dinge im digitalen Raum nicht der Realität entsprechen.


Reflexion

  • Würdet ihr nach dieser Einheit etwas anders machen im Umgang mit Fotos oder Filtern?
  • Wie beeinflussen KI-gestützte Schönheitsfilter unsere Vorstellung davon, was "normal" oder "schön" ist?
  • Wie sollten Plattformen (z.B. Instagram, TikTok) mit dem Thema Beauty-Filter umgehen? Was wäre verantwortungsvoll?
  • Was könnte jede:r Einzelne tun, um zu mehr Echtheit und Vielfalt in Social Media beizutragen?
  • Was war für euch der größte Aha-Moment oder welche Gedanken nehmt ihr aus dieser Einheit mit?