Kinderpornografie im Internet: Kinder als Täter:innen

Immer öfter sind Verbreiter:innen sexueller Darstellungen von Minderjährigen selbst noch minderjährig.

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Beim Tatbestand Kinderpornografie sind oft auch Minderjährige mutmaßliche Täter:innen.

Seit Jahren ist die Verbreitung von kinderpornografischen Inhalten im Steigen begriffen. In der österreichischen Kriminalstatistik 2021 wurde mit 1.921 verzeichneten Anzeigen ein trauriger Höhepunkt in den letzten zehn Jahren erreicht. Stopline.at, die Online-Anlaufstelle für sexuelle Missbrauchsdarstellungen Minderjähriger oder Inhalte zu nationalsozialistischer Wiederbetätigung im Internet, stufte im selben Jahr 8.132 diesbezüglich eingetroffene Meldungen auch tatsächlich als illegal ein.

Ein in der öffentlichen Debatte oft zu wenig beachteter Aspekt davon ist allerdings, dass viele der mutmaßlichen Täter:innen selbst noch minderjährig (in Österreich vor der Vollendung des 18. Lebensjahres) oder gar unmündig (vor dem vollendeten 14. Lebensjahr) sind. Dabei begehen die Kinder und Jugendlichen in den wenigsten Fällen allerdings bewusste Handlungen. Gerade deswegen ist die Steigerung der Medienkompetenz und Vermittlung der rechtlichen Grundlagen auch in diesem Bereich besonders wichtig und dringend.

54 Prozent der Täter:innen in Deutschland selbst minderjährig

In Deutschland ist dies bereits seit Längerem im Fokus der Debatte. Dr. Thomas-Gabriel Rüdiger, Leiter des Instituts für Cyberkriminologie an der Polizeihochschule Brandenburg, erklärte erst kürzlich in einem Interview mit der Internetplattform netzpolitik.org, dass 2021 54 Prozent der angezeigten mutmaßlichen Täter:innen selbst noch minderjährig waren. Oft kommt es dabei im Rahmen von "Sexting" (also private Kommunikation über sexuelle Themen, oft auch durch selbst erstellte Nacktaufnahmen) zu strafbaren Verstößen. Denn spätestens wenn dieses Material weiterverbreitet wird (oft auch aus Macht- oder Rachegefühlen heraus, wenn etwa eine Beziehung beendet wird oder Gefühle nicht erwidert werden) können sich damit auch Minderjährige über 14 Jahre strafbar machen.

Eine weiterer Punkt betrifft zudem die Weiterverbreitung von erhaltenem kinderpornografischen Material in diversen Chatgruppen, das von Kindern und Jugendlichen nicht immer als solches erkannt wird. Als gutes Beispiel dient hier etwa ein vor einigen Jahren über soziale Netwerke oft weitergeleitetes Video, das sexuelle Handlungen zwischen einem Kind und einem Esel zeigte. "Hier fehlt meist das Unrechtsbewusstsein", erklärte Jürgen Ungerböck, Referatsleiter Sexualstraftaten und Kinderpornografie im österreichischen Bundeskriminalamt, in einem Interview gegenüber dem Standard. "Die einen Empfänger zeigen sich schockiert und leiten es weiter, andere finden es lustig und teilen es ebenso - beides ein Treffer (Anm. der Redaktion: im Sinne von strafbar). Da herrscht die Wahrnehmung, es handle sich um ein 'Spaßvideo'. Da gilt es, Bewusstsein zu schaffen", so der Referatsleiter.

Aufklärungsvideo der Wiener Polizei soll aufrütteln

Die Wiener Polizei hat dazu bereits 2018 ein Aufklärungsvideo veröffentlicht, das auf die Problematiken aufmerksam machen soll:

Unter dem Hashtag #denkenstattsenden widmete sich auch die deutsche Polizei in einer Kampagne dieser Problematik. Dringender Rat der Ermittler:innen aus beiden Ländern ist dabei, das erhaltene Material sofort zu löschen oder sich zuvor - ohne es weiterzuleiten - an Eltern oder Pädagog:innen zu wenden, damit diese zuständige Meldestellen, wie das oben erwähnte Stopline.at oder Beratungsstellen wie Rat auf Draht, einschalten können und gegebenenfalls Anzeige bei der Polizei erstatten.

"Das ist kein Spaß, sondern strafbar"

Jürgen Ungerböck sieht vor allem Eltern und Pädagog:innen in der Verantwortung, Kinder regelmäßig über die möglichen Strafen aufzuklären. "Und selbst dann ist es wahrscheinlich nicht sicher, dass es passiert - es ist ein Klick, um solche Inhalte weiterzuleiten. Daher wollen wir betonen: Das ist kein Spaß, sondern strafbares Verhalten", so der österreichische Experte.


Materialien zur Behandlung im Unterricht

Dieses Thema ist sehr komplex und sensibel zu handhaben, grundlegend sollte vor allem die Steigerung der Medienkompetenz der Schüler:innen in den Mittelpunkt gestellt und damit das Bewusstsein für die verschiedenen Aspekte gesteigert werden. Um etwa Sexting im Unterricht zu behandeln, bietet ein kompakter Flyer von Safer Internet eine gute Grundlage zur Information und Diskussion. Speziell zur Sensibilisierung für Kinder- und Jugendpornografie kann das ausführliche Material zum didaktischen Einsatz in der Schule von der Landesanstalt für Medien in Nordrhein-Westfalen Inspirationen liefern - allerdings ist dieses auf die rechtliche Situation in Deutschland umgelegt.