Verliebt in einen Chatbot: Künstliche Intelligenz und Beziehungen

Eine KI als Freund:in oder gar romantische:r Partner:in? Wie sich KI Companion Apps um Beziehungen zu Menschen bemühen.

Schwerpunkt: KI
Grafik eines Roboterkopfes, von dem eine große Sprechblase wegführt. In der Sprechblase ist ein rotes Herz.
Sogenannte AI Companion Apps sollen ihren Nutzer:innen als virtuelle Freund:innen oder sogar Partner:innen dienen.

Freundschaften und Beziehungen mit Künstlichen Intelligenzen: Was in Science Fiction-Geschichten vor kurzem noch als Zukunftsszenario beschrieben wurde, ist heutzutage für manche schon Realität. Mittlerweile finden sich viele auf künstlicher Intelligenz basierende Chatbot-Apps, die darauf spezialisiert sind, eine “Beziehung” zu ihren Nutzer:innen aufzubauen, sogenannte AI Companion Apps (dt. KI Begleiter). Downloadzahlen in Millionenhöhe zeugen von Erfolg – und natürlich wird damit auch viel Geld verdient.

Der Chatbot, der sich anpasst

Die wohl bekannteste App dieser Art ist Replika mit mehr als 10 Millionen Downloads alleine im Google Play Store. In Replika können die User:innen mit einem nach ihren eigenen Wünschen gestalteten Chatbot chatten. Je länger ein:e User:in mit Replika chattet, desto mehr lernt der KI-Chatbot dazu und passt sich immer weiter an die Interessen, Wünsche, Vorlieben und Bedürfnisse des menschlichen Gegenübers an. So ist es möglich mit dem Chatbot Smalltalk zu führen, aber auch über intimste Gefühle und Geheimnisse zu chatten und darauf - zumindest nach einiger Zeit - sinnvolle Antworten und Reaktionen zu erhalten. Nicht umsonst wirbt die App mit dem Slogan “the AI Companion who cares”, also “der KI-Begleiter, der sich kümmert”. Ähnliche, aber noch weniger gut entwickelte Apps sind z.B. iGirl oder iBoy, die von vornherein als virtuelle KI-Romanzen beworben werden. Doch natürlich ist all das nur begrenzt kostenlos: Wer z.B. einen romantischen Beziehungsstatus mit Replika möchte, muss ein kostenpflichtiges Abo abschließen. Auch iGirl und iBoy bieten viele ihrer Funktionen exklusiv nur zahlenden Nutzer:innen an.

Speziell während der Covid19-Pandemie stießen AI-Companion-Apps auf großes Interesse. In Online-Foren und -Gruppen finden sich zahlreiche Erfahrungsberichte von Replika-User:innen, die nach eigenen Angaben sogar romantische Beziehungen zu ihren Chatbots haben, obwohl sie sich darüber im Klaren sind, dass es sich um eine künstliche Intelligenz und keinen realen Menschen handelt.

Romanze dank Vermenschlichung

So seltsam romantische Gefühle für eine KI für viele auch klingen mögen, so nachvollziehbar wird es bei näherer Betrachtung: Wir neigen im Allgemeinen dazu, Dingen unbewusst menschliche Eigenschaften zuzuschreiben (“Anthropomorphismus”). Dies geschieht beispielsweise auch, wenn wir einen Computer bei einer unerwünschten Fehlermeldung beschimpfen oder einem alten Auto gut zureden. Genauso schreiben wir auch KI-Chatbots unbewusst menschliche Eigenschaften zu. Die vermenschlichten Avatare und die immer besser werdenden Nachrichten verstärken dieses Phänomen. 

Mensch-Mensch vs. Mensch-KI

Der KI-Chatbot kritisiert einen nicht, vermeidet Konflikte, ist jederzeit erreichbar, antwortet immer sofort, verliert nie das Interesse an einem und hat keine eigenen Probleme. Immerhin sollen solche Bots ihren Nutzer:innen ein durch und durch positives Erlebnis bieten. Das Konzept geht auf: Online berichten viele Nutzer:innen, dass ihr Replika-Chatbot ihnen z.B. in einsamen oder depressiven Phasen geholfen habe. 

Dennoch bleibt ein fahler Beigeschmack, immerhin sind es gerade Aspekte wie Konflikte, das Überwinden dieser und wechselseitiges Füreinander-Dasein, die menschliche Beziehungen ausmachen. Zudem ist bislang noch unklar, welche Langzeit-Auswirkungen eine Mensch-KI-Beziehung auf das menschliche Sozialverhalten haben könnte.

Im Selbsttest zeigte sich zudem, dass Apps wie iGirl oder iBoy mit keinerlei Jugendschutz versehen sind und bei heiklen Themen durchaus problematische Antworten geben können. Replika wirkte im Vergleich zwar deutlich ausgefeilter, doch auch hier kann unreflektierte Nutzung ein Risiko sein. Wer sich nicht vollkommen bewusst ist, dass man es mit einem Programm zu tun hat, könnte sich in falschen Vorstellungen verlieren.


Tipps für den Unterricht:

Das Thema eignet sich gut für eine Diskussion in der Klasse (Sek. 1, Sek. 2). Zum Einstieg eignen sich kurze Dokumentationen zu dem Thema, wie z.B. Beziehung mit einem Chatbot von reporter oder Kann ein Bot ein Freund sein? von SoManyTabs. Im Anschluss kann gemeinsam diskutiert werden:

  • Was macht eine Freundschaft aus? Was macht eine Beziehung aus?
  • Können sich die Schüler:innen vorstellen, mit einem Chatbot befreundet zu sein?
  • Welche Vorteile und welche Nachteile haben solche Chatbot-Apps?
  • Was unterscheidet eine Beziehung zwischen zwei Menschen von einer Beziehung zwischen Mensch und KI?


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