Wolfi der Hase
Findelkinder haben eine lange literarische Tradition von Mogli bis Jim Knopf. Die amerikanische Autorin Ame Dyckman bringt in ihrer Variante das bekannte Motiv mit zwei anderen zusammen, jenem des Kuckuckskindes und dem des bösen Wolfs:
Eine Hasenfamilie findet vor ihrer Haustür ein Wolfsbaby. Die Eltern halten den jungen Wolf für süß. Nora, die Hasentochter, reagiert angemessener: "Er wird uns alle auffressen!". Die Warnung bleibt ungehört, weil ihre Eltern ganz verrückt nach Wolfi sind. Und tatsächlich: Er erweist sich als guter Esser (Karotten!), guter Schläfer, als guter Sabberer und vor allem als außerordentlich anhänglicher kleiner Bruder. Als die Geschwister eines Tages einkaufen gehen, treffen sie auf einen großen Bären …
Die Autorin zeigt die Gefühle ihrer Figuren und spielt mit den Gefühlen und Erwartungen der LeserInnen. Dass das so unterhaltsam ist, liegt auch an den Illustrationen von Zacharia OHora: Oft lässt er die kräftig konturierten Figuren (die entfernt an Dick Brunas Miffy erinnern, aber viel viel wilder sind) auf viel Weißraum agieren, wirbelt sie durcheinander und wechselt die Perspektiven. Er zitiert klassische Familienszenen und steckt den kleinen Wolfi am Ende in einen rosaroten Strampelanzug, der seinesgleichen sucht. Unterhaltsam und klug.
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