Wenn Achtjährige mit Scratch programmieren
Aufgeregt flüsternd betreten 17 Schülerinnen und Schüler der Offenen Volksschule Zeltgasse den Schulungsraum des Wiener Bildungsservers. Gemeinsam mit Klassenlehrerin Christine Stadlmann und Freizeitpädagogin Valentina Kopf werden die Kinder der zweiten Klasse heute erste Versuche in der Programmiersprache Scratch machen. Scratch ist eine visuelle Programmiersprache für Kinder und Jugendliche, bei der grafische Code-Blöcke wie Bausteine kombiniert werden, um eigene kleine Spiele oder Animationen zu programmieren. Die Kinder setzen sich vor die Computer, Christine Stadlmann bittet um Ruhe – es geht los.
Von Scratch Junior zu Scratch
Bildschirm, Maus, Tastatur, Computer – gemeinsam werden die einzelnen Komponenten eines Computers benannt. Den Kindern ist klar, dass heute Scratch am Programm steht. Mit Scratch Junior haben die Kinder bereits Erfahrung. Damit haben sie an Tablets gearbeitet, die sie im Rahmen eines Projektes zur Verfügung hatten. „Wer erinnert sich: Was ist Scratch?“, will Christine Stadlmann daher wissen. „Programmieren!“, antwortet ein Kind und führt auf Nachfrage der Lehrerin näher aus: „Figuren bestimmen und sagen was sie machen sollen.“ Um Scratch aufzurufen, drehen die Kinder die Computer auf, starten einen Browser und öffnen die Scratch-Webseite.
Mithilfe des interaktiven Whiteboards erklärt die Lehrerin die Scratch-Oberfläche: Links am Bildschirm befindet sich die Bühne, die das Ergebnis des erstellten Programms anzeigt. In der Mitte befinden sich die unterschiedlichen Programmierbefehle, die mit grafischen Code-Blöcken dargestellt werden. Mit der Maus können sie auf die rechte Seite des Bildschirms gezogen, miteinander kombiniert und somit ein eigenes Programm erstellt werden. Nach einer kurzen Erklärung der unterschiedlichen Befehls-Kategorien und der Figurenbibliothek, erhalten die Kinder Arbeitshefte. Darin befinden sich kurze Anleitungen, Hilfestellungen und Aufgaben. Die erste Aufgabe: Die Kinder sollen eine Figur mit mindestens drei verschiedenen Farben wählen und die Farben der Figuren per Programmbefehl wechseln.
Erste Erfolge nach kürzester Zeit
Während die Kinder eifrig die Figurenbibliothek durchstöbern und sich an den unterschiedlichen Code-Blöcken versuchen, gehen Christine Stadlmann und Valentina Kopf durch die Reihen und helfen bei Problemen und Unklarheiten. Schon nach kürzester Zeit sind erste Ergebnisse zu sehen. Eines blendet die Lehrerin am Whiteboard ein: Ein Mädchen hat einen Regenbogen so programmiert, dass er bei Betätigung der Leertaste die Farben wechselt. Sie erklärt ihren MitschülerInnen, wie sie das geschafft hat. Kurz darauf zeigt ein Junge her, wie man Hintergründe hinzufügen kann. Die nächste Aufgabe: Die ausgewählte Figur soll „tanzen“, sich also hin und her bewegen, und die Bühne soll einen Hintergrund erhalten.
Schon ist knapp eine Stunde um und die Lehrerin ruft zur Pause. Fast die Hälfte der Klasse bleibt jedoch am Computer sitzen, ignoriert die Pause und arbeitet weiter mit Scratch. „Die, die’s total packt, die stehen dann auch für die Pause nicht auf“, kommentiert Christine Stadlmann und fügt lächelnd hinzu: „Einige merken recht schnell wie’s geht und programmieren sofort drauf los.“ Doch genau so lernen sie auch – durch eigenständiges Ausprobieren, führt sie aus. Ein Vorteil an Scratch ist, dass die Kinder schnell Erfolgserlebnisse haben und so zum Weitermachen motivert werden. Zudem ist es von jedem internetfähigen Computer aus aufrufbar, erklärt die Lehrerin. Wöchentlich am Nachmittag bietet sie daher ein Programmier-Atelier an, bei dem interessierte Kindern unter ihrer Anleitung mit Scratch arbeiten können. „Sie reißen sich drum, wer programmieren gehen darf, da gibt’s Wartelisten“, erklärt sie. Umso besser also, dass heute die gesamte Klasse die Möglichkeit hat Scratch auszuprobieren.
Nachdem die Figuren auf den Bildschirmen bereits die Farben wechseln und vor den gewählten Hintergründen tanzen können, sollen sie nun auch Sprechblasen erhalten. Jene Kinder, die bereits etwas Erfahrung mit Scratch haben, helfen den anderen. Die Schülerinnen und Schüler toben sich kreativ aus und entdecken die unterschiedlichsten Programmierbefehle. Viel zu schnell vergeht den Kindern die Zeit und die Begeisterung für Scratch ist nach wie vor viel zu groß, als Christine Stadlmann bittet die Computer abzudrehen. Einige folgen der Anweisung trotz mehrmaliger Aufforderung nicht, also friert die Lehrerin sämtliche SchülerInnen-PCs vom LehrerInnen-Computer aus ein. Einige der Kinder versuchen mit Buh-Rufen zu protestieren. Als Christine Stadlmann jedoch darauf hinweist, dass es mittlerweile schon spät ist, sehen es die Kinder letztendlich ein. „Können wir das nochmal machen?“, ist zu hören, als die Klasse zusammenpackt und den Schulungsraum verlässt.