KI und Kunst: Wie Bilder durch Künstliche Intelligenz entstehen
Kompetenzen der Digitalen Grundbildung
- Orientierung
Ressourcen
- Laptop + Beamer oder digitales Whiteboard mit Internetanschluss
- Schüler:innen-Endgeräte (Laptop oder Tablet)
- Fotocollage als PDF
Kontext
Diese Praxisidee ermöglicht den Schüler:innen einen kreativen Einstieg in textbasierte KI-Tools und deren Möglichkeiten, bei gleichzeitig kritischer Auseinandersetzung mit Plagiaten und dem Urheberrecht.
Mit der Verbreitung und leichteren Zugänglichkeit von KI-Tools, mit denen durch die Eingabe von wenigen Befehlen Texte, Bilder oder Musik geschaffen werden können, stellt sich zunehmend auch die Frage nach den Urheberrechten auf solche Werke. Wem gehört ein von einer Künstlichen Intelligenz produzierter Inhalt?
KI-Bildgeneratoren wurden mit Millionen von Bildern aus dem Internet trainiert, darunter auch sehr viele Bilder von lebenden Künstler:innen, die ihre Werke auf Plattformen wie Artstation hochgeladen haben. Eine KI kann nun Werke im Stil dieser Künstler:innen produzieren, ohne dass diese dafür entschädigt würden. Viele Künstler:innen fordern jetzt Kompensation dafür. Das Problem: Die KI stellt nicht im eigentlichen Sinn Plagiate her, da sie nicht Bilder reproduziert oder Teile von Bildern collage-artig zusammenfügt, sondern tatsächlich nur den Stil nachahmt. Das erfüllt aber nicht die Definition eines Plagiats.
In dieser Praxisidee erstellen die Schüler:innen mit dem Einsatz von prompt-basierten Bildgeneratoren (Erklärung siehe unten) eigene Bilder im Stile von berühmten Künstler:innen oder Kunstepochen und analysieren diese nach ihren spezifischen Merkmalen. Vorab werden die Schüler:innen für die Themen Datenschutz und Urheberrecht sensibilisiert.
Erklärung: Ein sogenannter "Prompt" ist der Input, den Benutzer:innen einer generativen Künstlichen Intelligenz eingeben, und aus dem die KI anschließend einen Output generiert. Input können Wörter, Zeichen, Buchstaben, URLs, Formen usw. sein.
Urheberrecht
Das Urheberrecht ist ein extrem komplexes Thema, und jedes Land hat diesbezüglich seine eigene Rechtsprechung. Ein vertieftes Einlesen in das Urheberrecht würde viel Zeit in Anspruch nehmen. Kurz gesagt, es gibt keine allgemeingültige Antwort auf die Frage, ob KI-generierte Werke urheberrechtlich geschützt sind. In den meisten Ländern fallen KI-generierte Bilder nicht unter das Urheberrecht, da eine KI keine geistige Schöpfung erzeugen könne und es den Werken daher an menschlicher Beteiligung oder Kreativität mangele.
Um dennoch einen kurzen Überblick zum Urheberrecht insbesondere bei von KI geschaffenen Werke zu bekommen und sich auf die Umsetzung dieser Praxis-Idee vorzubereiten, empfehlen wir unsere Artikel Künstliche Intelligenz und Urheberrecht, Urheberrecht und Schule sowie 7 Fragen und Antworten zum Urheberrecht im Schulalltag.
Modul 1: KI und Urheberrecht
DISKUSSION | Wem gehören Bilder?
Plenum
Die Schüler:innen stellen sich vor, sie hätten ein Foto von ihrem Haustier oder ihrer Lieblingsspeise gemacht. Folgende Fragen können die Schüler:innen zunächst für sich selbst überlegen und anschließend mit der Klasse diskutieren:
- Würdest du ein selbstgemachtes Foto im Internet teilen? Wenn ja, wo? Wenn nein, warum nicht? Welche Fotos würdest du niemals im Internet teilen?
- Was dürfen andere mit deinem Foto machen? Wäre es ok für dich, wenn andere das Foto verwenden würden, ohne deinen Namen anzugeben – z.B. für deren persönliche Webseite, Insta- oder TikTok-Account?
- Dürften andere das Foto nach ihrem Wunsch verändern? Wäre es ok für dich, dieses Foto in einer Werbekampagne zu sehen? Wenn ja, in welcher?
- Wie würdest du damit umgehen, wenn andere deine Bilder verkaufen und damit Geld verdienen, ohne dass dein Name als Urheber:in des Fotos erwähnt wird und du dafür keinen einzigen Euro bekommst?
AUFKLÄRUNG | Urheberrecht
Plenum
Jedes Werk – sei es ein Bild, Text oder Video – welches über ein Mindestmaß an Individualität und Originalität verfügt, ist ab seiner Entstehung automatisch urheberrechtlich geschützt. Dazu braucht es keinen gesonderten Copyright-Vermerk. Allein der/die Urheber:in kann bestimmen, ob und inwieweit sein/ihr Werk von anderen Personen vervielfältigt, veröffentlicht oder bearbeitet werden darf. Der/die Urheber:in kann anderen Personen sogenannte Verwertungsrechte einräumen. Wenn der/die Urheber:in anderen Personen solche Verwertungsrechte aber nicht eingeräumt hat, darf das Werk weder kopiert noch im Internet zur Verfügung gestellt oder vorgeführt werden (Quelle: SaferInternet.at).
DISKUSSION | Kann eine KI Urheber:in sein?
Plenum
In einem weiteren Schritt soll nun die Komponente der Künstlichen Intelligenz herangezogen werden. Damit die Schüler:innen sich vorstellen können, wie ein Originalbild von einer KI verändert werden kann, eignet sich diese Fotocollage, die den Schüler:innen auf dem digitalen Whiteboard oder auf dem Beamer präsentiert werden soll. In der Collage wurde Originalbilder (oben) mittels verschiedener Texteingaben durch eine KI verändert (drei Fotos unten). Anhand dieses Inputs lassen sich folgende Fragen mit der Klasse diskutieren:
- Sind durch die KI neue Bilder entstanden oder wurde das Originalbild nur “bearbeitet”?
- Was wäre, wenn jemand eure Fotos in eine KI-Anwendung hochlädt und diese daraus ganz ähnliche Bilder produziert? Wer hat diese Bilder gemacht? Ist es noch das Originalbild? Gehört es nun der KI oder der Person, die es hochgeladen hat? Können Bilder einer KI gehören bzw. kann eine KI Urheber:in sein?
AUFKLÄRUNG & INPUT | KI und Urheberrecht
Plenum
Um vor allem die im letzten Punkt aufgeworfenen Fragen zu beantworten, eignet sich das Video KI-Avatare: Warum der Hype problematischer ist, als du denkst (07:29-11:35) des YouTube Kanals BRUST RAUS, ein Format des SWR. Das Video behandelt das Thema Künstliche Kunst und damit aufkommende Probleme sehr ausführlich. Für diese Praxisidee empfehlen wir den Abschnitt von Minute 07:29 bis Minute 11:35.
Wie im Video angesprochen wurde, ist die Unterscheidung, ob ein Bild von einem Menschen oder einer KI erstellt wurde, oftmals sehr schwierig. Um das zu demonstrieren, können die Schüler:innen ihre Wahrnehmung selbst auf die Probe stellen.
QUIZ | Mensch oder Maschine?
Plenum
Auf der Webseite thisimagedoesnotexist.com sind nun die Schüler:innen selbst gefordert, ob es sich beim gezeigten Bild um eines von einer KI geschaffenen oder das Werk eines Menschen handelt. Hierzu empfiehlt es sich, dass die Lehrperson die Webseite über das digitale Whiteboard oder den Beamer der Klasse präsentiert, damit die Bilder gemeinsam angeschaut und zugeordnet werden können.
Ein Durchgang umfasst 30 Bilder, bei denen entweder auf das Künstler:in-Emoji (vom Menschen geschaffen) oder auf das Roboter-Emoji (von der KI DALL-E 2 generiert) geklickt wird. Die Lehrperson lässt entweder alle Schüler:innen mit Handzeichen abstimmen und klickt die Option (Mensch oder Maschine) an, oder fragt reihum für jedes neue Bild einzelne Schüler:innen nach ihrer Einschätzung und klickt das jeweilige Symbol entsprechend an.
Nach einem Durchgang erfolgt die Auswertung, ob die Klasse die meisten Bilder richtig zuordnen konnte. Abschließende Fragen zu diesem Quiz können unter anderem folgende sein:
- Welche Bilder waren einfach/welche waren schwer zu identifizieren?
- Auf welche Bildmerkmale habt ihr bei eurer Entscheidung geachtet?
Modul 2: KI-Kunst erstellen
EINFÜHRUNG | KI als Werkzeug
Plenum
Nachdem die Schüler:innen im ersten Modul gelernt haben, wie schwer oftmals eine Unterscheidung zwischen von Menschen geschaffenen oder von einer KI generierten Werken ist, werden sie in diesem Modul selbst zu “Kunstschaffenden”, indem sie einer KI Input geben, woraus ein neues Bild generiert wird.
Zunächst wird eine Seite präsentiert, wo mit einer Texteingabe Bilder in verschiedenen vorgegebenen Kunststilen generiert werden können, z.B. DeepAI Text2Image. Die Seite ist ohne Anmeldung zugänglich, jedoch in der Gratisversion leider nur eingeschränkt nutzbar und weist sehr viel Werbung auf.
Anmerkung: Es gibt mittlerweile zahlreiche Seiten, die eine prompt-basierte Bilderstellung ermöglichen. Allerdings ist fast immer das Anlegen eines (meist kostenlosen) Kontos erforderlich, und die Nutzungsbedingungen werden oft geändert. Vor der Durchführung der folgenden Aufgaben ist also eine Recherche zu aktuellen brauchbaren Angeboten notwendig.
Sollten die Schüler:innen ein Microsoft-Konto besitzen, kann etwa der Bing Image Creator genutzt werden. Ansonsten bieten auch Padlet und Ideogram gute Bildgeneratoren an.
PRAXIS | Bilder generieren
Kleingruppen
Die Schüler:innen können nun in Kleingruppen mittels Texteingabe selbst Bilder erstellen lassen. Dafür eignet sich die Seite Stable Diffusion 2.1 Demo. Sie ist werbefrei, funktioniert ohne Anmeldung und erlaubt auch die Eingabe negativer Prompts, also von Bildelementen, die nicht dargestellt werden sollen. Die Bildqualität ist allerdings schlechter als jene der genannten anmeldepflichtigen Generatoren.
Die Texteingabe kann in deutscher oder englischer Sprache erfolgen. Oft liefert die englische Eingabe bessere Ergebnisse. Dieser Tipp kann den Schüler:innen vorab mitgeteilt werden, oder sie finden es beim Testen selbst heraus.
Tipp: Weitere Tipps zur Verbesserung der Struktur von Texteingaben befinden sich in den Sachinformationen am Ende dieser Praxis-Idee oder im englischsprachigen Prompt-Guide von Stable Diffusion.
Die Generierung eines Bildes nimmt mindestens eine Minute in Anspruch, meist sind mehrere Durchgänge nötig, um ein brauchbares Bild zu erhalten. Je nach verfügbarer Zeit können einige Aufgaben weggelassen werden.
Aufgaben für den Einstieg
- Völlig freie Eingabe zum Ausprobieren und selbst kreativ werden
- Es wird in Absprache ein gemeinsames großes Thema vorgegeben, zu dem dann möglichst gute Bilder erstellt werden sollen (Gebirge, Sonnenuntergang am Strand, Wolkenkratzer)
- Sehr spezifische Angabe, was dargestellt werden soll (Ein Auto, das in einem Baum hängt, an einem sonnigen Morgen, darunter ein Zebra mit Hut)
Stile von Künstler:innen nachahmen
Ergänzend können die Schüler:innen online zu den Stilmerkmalen und bevorzugten Motiven der Künstler:innen recherchieren.
Ob die KI eine Person "kennt", also mit Werken dieser Person trainiert wurde, kann festgestellt werden, indem zunächst nur der jeweilige Name als Texteingabe verwendet wird. Wenn die KI dann Bilder produziert, die den tatsächlichen Werken der Künstlerin oder des Künstlers ähneln, steht fest, dass diese Werke zum Training der KI genutzt worden sind.
- Die Gruppen generieren Bilder im Stile berühmter Künstler:innen, speichern und präsentieren sie den anderen Gruppen. Erraten die anderen Schüler:innen den/die Künstler:in anhand der von der KI produzierten Bildes?
- Die identische spezifische Angabe wird mehrmals im Stil verschiedener Künstler:innen generiert und die Ergebnisse verglichen
- Die Gruppen generieren Motive, die von den jeweiligen Künstler:innen selten oder nie gemalt wurden. Wie kommt die KI etwa mit einem von Michelangelo gemalten Roboter oder Flugzeug zurecht?
Für die letzten drei Aufgaben ist es günstig, Künstler:innen mit sehr unterschiedlichen und klar erkennbaren Stilen zu wählen, z.B.:
- Egon Schiele
- Pablo Picasso
- Hieronymus Bosch
- Zdzisław Beksiński
- Niki de Saint Phalle
- Tamara de Lempicka
- Frida Kahlo
- Loish
DISKUSSION
Plenum
- Wie wurden die Eingaben umgesetzt? Worauf gilt es bei der Texteingabe zu achten?
- Seid ihr mit den Ergebnissen zufrieden?
- Musste der Text angepasst werden, um bessere Bilder zu bekommen?
- Welche Elemente habt ihr in der Texteingabe verwendet, um ein möglichst gutes Ergebnis zu erzielen? Welche Eingaben wurden von der KI kaum oder gar nicht berücksichtigt?
- Sind die einzelnen Stile der Künstler:innen erkennbar? Welche besonderen Stilelemente nutzen die ausgewählten Künstler:innen? Wie werden diese von der KI wiedergegeben?
Die Ergebnisse der Diskussion können an Tafel oder Whiteboard gesammelt werden.
Reflexion
Diese Einheit soll den Schüler:innen vermitteln, dass zum einen die KI-Bildgenerierung ein nützliches Werkzeug zur Visualisierung von Inhalten darstellen kann, zum anderen aber ganz neue Problemstellungen im Zusammenhang mit Urheberrecht und Falschinformationen entstehen. In der Reflexion sollen die gewonnenen Erkenntnisse noch einmal aufgearbeitet werden.
Zum Abschluss können mit der Klasse folgende Fragen diskutiert werden:
- Bei der Fotografie hieß es anfangs auch, sie sei keine Kunst, sondern nur Wiedergabe des Sichtbaren. Heute gilt sie als Kunst. Ist KI-Kunst Plagiat oder Werkzeug?
- Kann KI kreativ sein?
- Worin bestehen die Probleme für Künstler:innen?
- In welchen Bereichen hat KI-Kunst Schwierigkeiten, sie darzustellen? Welche Motive schauen seltsam aus? (Katzenseite)
- Was kann KI besonders gut?
- Welche Auswirkungen wird KI auf die Kunstszene haben?
Weiterführende Ideen
Sachinformationen
Urheberrecht - was ist ein Urheber/eine Urheberin?
Urheber:in ist eine Person, die ein Werk geschaffen hat. In manchen Bereichen können Gruppen von Personen Urheber:innen sein, in manchen nicht. Jedenfalls muss nach derzeitiger Rechtslage ein Mensch hinter dem Werk stehen. Ob Bilder, die von Schimpans:innen gemalt wurden, daher urheberrechtlichen Schutz genießen können, ist eine Streitfrage. Ebenso herrscht derzeit eher die Meinung vor, dass von einer KI generierte Bilder ebenfalls nicht urheberrechtlich geschützt sind.
Was ist die "Werkhöhe"?
Werkhöhe ist die Schwelle, ab der ein Werk als urheberrechtlich geschützt einzustufen ist. Diese Schwelle liegt recht niedrig. Ein Werk muss eine gewisse Originalität aufweisen, eine "eigentümlich geistige Schöpfung" sein und sich von anderen Werken unterscheiden. So genießt etwa eine Bedienungsanleitung, die eine rein technische Beschreibung darstellt, wahrscheinlich keinen Urheberrechtsschutz. Wenn sie aber beschreibende Formulierungen enthält, kann sie sehr wohl urheberrechtlich geschützt sein. Solche Entscheidungen sind Einzelfallentscheidungen und können meist nicht pauschal getroffen werden.
Struktur von Texteingaben zur Bildgenerierung
Die wichtigsten Angaben sind:
- Bildinhalt: eine getigerte Katze, ein Haus in den Bergen
- Medium: Fotografie, Ölbild, Plakat
- Stil: Surrealistisch, Realistisch, Comic, Fantasy
Durch zusätzliche Angaben lässt sich das Ergebnis verfeinern:
- Zusätzliche Details: im Vordergrund ein Felsen, im Hintergrund ein Wasserfall
- Künstler:in: im Stil von Vincent van Gogh, Frida Kahlo (Viele Seiten erlauben mittlerweile die Eingabe konkreter Künstler:innen nicht mehr)
- Bildausschnitt: Porträt, Ganzkörperdarstellung
- Auflösung: Tiefenschärfe, hochdetailliert
- Bildstimmung: düster, fröhlich, unruhig
- Farbangaben: überwiegend Rot, Graustufen, Farbverlauf im Hintergrund
- Licht: Gegenlicht, Sonnenaufgang
Einige Generatoren gestatten die Eingabe negativer Prompts - also von Elementen, die nicht im Bild vorkommen sollen. Dadurch kann oft ein besseres Ergebnis erzielt werden.
Weiterführende Links
- KI-Avatare: Warum der Hype problematischer ist, als du denkst | BRUST RAUS
- Wir haben mit KI-Kunst eine eigene Ausstellung inszeniert | WSKSS
- 1SecondPainting (KI-Bild-Generator)
- Prompt Handbook zum Generator Dall-E 2
- Stable Diffusion prompt: a definitive guide (Prompt-Handbuch für bessere Bild-Ergebnisse)