Ich weiß, heute Nacht werde ich träumen
Im Fluss schwimmen, mit dem Vater jeden Sonntag Stücke von Wassermelonen essen, mit dem Bruder zwischen Schmetterlingen um die Wette rennen, dem verachteten Herzensbrecher die Fenster einschmeißen, weil er sich mit der schönen Lehrerin trifft, das Grab der Mutter besuchen, davon träumen, aus diesem Kaff abzuhauen, an Linda denken, die im Fluss ertrunken ist ...
"By the River" heißt dieses wundersame Buch, im Original publiziert 2004, und der Fluss spielt tatsächlich eine Hauptrolle:
"Der große Fluss wälzt sich /
beim Hobsons Bend /
an der Stadt vorüber /
und wirft einen trägen Blick /
nach den Häusern auf Stelzen /
mit ihren knarrenden Balken /
und ihrer blätternden Farbe; (…)
Der große Fluss wälzt sich /
an unserer Stadt vorüber, /
wirft einen trägen Blick/
und wälzt sich dann weiter."
(Fantastisch übersetzt von Uwe-Michael Gutzschhahn).
Der vierzehnjährige Harry erzählt über das Leben in einer australischen Kleinstadt in den 1960er Jahren, über die ärmlichen Verhältnissen mit Vater und Bruder. (Die Mutter ist bereits sieben Jahre tot, aber immer noch sitzt die Trauer mit am Tisch.)
Die Erzählperspektive hält den Roman zusammen, der in Versform geschrieben ist. Die Bilder und Szenen, die hier aneinander gereiht werden, beschreiben nicht nur Äußerlichkeiten exakt, sondern machen dabei auch einen intensiven Blick in das Innere der Figuren möglich.
Steven Herrick wurde für seinen noch älterer Text "The Simple Gift" unter dem deutschen Titel "Wir beide wussten, es war was passiert" 2017 von der Jugendjury für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Herrick zählt mit der ebenfalls in Australien lebenden Margaret Wild und der Engländerin Sarah Crossan zu den wenigen AutorInnen, die in lyrischer Prosa für Jugendliche schreiben.