eva.stories: Der Holocaust auf Instagram
Was, wenn ein Mädchen im Holocaust Instagram gehabt hätte? – Dieser Frage widmet sich ein Instagram-Account, der Anfang Mai anlässlich des Holocaust-Gedenktags in Israel veröffentlicht wurde. Mittlerweile zählt der Account eva.stories über 1.7 Millionen Abonnenten.
eva.stories ist der fiktive Instagram-Account der 13-jährigen Eva Heymann, die tatsächlich im Zweiten Weltkrieg in Ungarn lebte. In Form von authentischen Instagram-Stories wird in englischer Sprache mit ungarischem Akzent das Leben des jüdischen Mädchens im Jahr 1944 erzählt: Vom Tanzen mit ihren Freundinnen über ihre erste Liebe bis hin zu Konfrontationen mit gesellschaftlichem Antisemitismus, der sukzessiven Diskriminierung der Juden durch das Nazi-Regime, den Deportationen von Freunden, Verwandten – und schlussendlich Eva selbst.
Basiert auf wahren Begebenheiten
Eva Heymann war Jüdin und lebte zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs in Nagyvàrad in Ungarn (heutiges Rumänien) bei ihren Großeltern. Im Alter von 13 Jahren, acht Monate vor ihrer Ermordung im Konzentrationslager Auschwitz, begann sie damit Tagebuch zu schreiben und so ihre persönlichen Gedanken, aber vor allem auch ihre Erlebnisse aus dem Holocaust zu dokumentieren. Evas Tagebuch wurde nach Ende des Zweiten Weltkriegs von ihrer Mutter und ihrem Stiefvater, einem Verleger, veröffentlicht. Heute ist es nach wie vor in Form des Buchs „Das rote Fahrrad“ erhältlich.
Die Initiatoren des Projekts mit dem Namen „The Girl with the Instagram“ sind Mati und Maya Kochavi, ein Vater-Tochter-Duo mit israelischen Wurzeln. Mati Kochavi ist Inhaber einiger erfolgreicher Technologie-Unternehmen, seine Tochter Maya Kochavi sammelte unter anderem durch einen von ihr initiierten Frauen-Empowerment-Blog Erfahrungen mit sozialen Medien. Die beiden initiierten das kontroverse Projekt anlässlich des Holocaust-Gedenktags in Israel am 2. Mai 2019, vor allem auch, um auf diesem Weg die junge Generation zu erreichen.
Der Holocaust in Instagram-Stories
Stilistisch bleibt das Projekt der Plattform Instagram voll und ganz treu: Evas Geschichte wird in Form vieler kurzweiliger Video-Momentaufnahmen (Stories) erzählt, jugendlich-authentisch und mit allen Stilmitteln, die das soziale Netzwerk zu bieten hat –ob Emojis, Sticker, Hashtags oder Filter. Während einige das Projekt als authentisch und sehr berührend loben, empfinden andere eben diese Stilmittel als befremdlich und meinen, der Holocaust werde zu oberflächlich behandelt oder auch, dass Instagram schlichtweg nicht die richtige Plattform für dieses Thema sei.
Die Instagram-Stories können genutzt werden um eine breite Diskussion über diese Darstellungsform der Geschehnisse des Zweiten Weltkriegs zu eröffnen: Empfinden die SchülerInnen diese Darstellungsform eher als legitim oder ungeeignet? In welchen anderen Formen hätte man Eva Heymanns Geschichte außerdem erzählen können? Welche anderen Inhalte könnte man noch, ähnlich wie eva.stories, in Form von Instagram-Storys erzählen? Die SchülerInnen könnten auch selbst versuchen, Lehrinhalte im Stile von Social Media-Storys zu vermitteln.
In den eva.stories-Beiträgen werden unter anderem gesellschaftlicher Antisemitismus, die Zwangsenteignung jüdischer Geschäftsinhaber durch das Nazi-Regime, die Verpflichtung einen Judenstern auf der Kleidung zu tragen sowie die Deportation von Juden in Ghettos und Konzentrationslager gezeigt. Da die Kurzvideos aber vor allem durch die für Jugendliche so lebensnahe Erzählform emotional sehr nahe gehen können, empfiehlt es sich, vorab gut abzuwägen, ob sie für den eigenen Unterricht genutzt werden können. Werden die Stories genutzt, sollten sie aber jedenfalls unter Begleitung einer Lehrperson angesehen werden. Außerdem sollte in jedem Fall bedacht werden, dass Instagram gemäß den Nutzungsbedingungen erst ab einem Alter von 13 Jahren bzw. laut österreichischem Datenschutz-Anpassungsgesetz 2018 erst ab einem Alter von 14 Jahren verwendet werden darf.