Neue Studie: Das Leben von Jugendlichen in sozialen Medien

Die Selbstdarstellung von Jugendlichen in sozialen Medien wurde in einer neuen Studie von Saferinternet.at untersucht.

Studien Jugendkultur
In der diesjährigen Studie von Saferinternet.at wurde die Nutzung und die Selbstdarstellung von Jugendlichen in sozialen Netzwerken untersucht.

Für viele Jugendliche sind soziale Netzwerke längst zentraler Bestandteil ihres Lebens. In Zeiten von Covid-19 hat der Stellenwert von TikTok, WhatsApp & Co. nochmals massiv zugelegt. Daher gab Saferinternet.at eine Studie in Auftrag, die das Leben von Jugendlichen in sozialen Netzwerken und insbesondere die verschiedenen Formen der Selbstdarstellung untersuchte.

Soziale Netzwerke: Essenziell in Pandemiezeiten

Praktisch alle im Rahmen der Studie befragten Jugendlichen nutzen soziale Netzwerke. Sie treten mit durchschnittlich 11 Jahren ihrem ersten sozialen Netzwerk bei. Durchschnittlich verwenden sie zwei bis drei Plattformen parallel. Die Netzwerke werden dabei bewusst für unterschiedliche Zwecke eingesetzt. Diese differenzierte Nutzung zeigt sich umso deutlicher, je älter die Jugendlichen sind.

Stand früher die Selbstdarstellung im Vordergrund, so ist nun das Kontakthalten mit anderen eindeutig die Hauptfunktion von sozialen Netzwerken. Das zeigte sich schon vor Covid-19 und hat sich seither nochmals verstärkt. An zweiter Stelle nach dem Kontakthalten rangieren Information bzw. Unterhaltung. Erst dann folgen eigene Postings und Selbstdarstellung. Das virtuelle Teilhabenlassen anderer am eigenen Leben ist damit weniger wichtig geworden. „Die gezielte Auswahl von Plattformen und ein bewussterer Umgang mit Online-Selbstdarstellung sind Anzeichen einer Entwicklung hin zu einer reiferen Nutzung von sozialen Netzwerken durch Jugendliche“, beobachtet Matthias Jax, Projektleiter von Saferinternet.at, in Workshops und Gesprächen mit jungen Menschen.

Größte Zuwächse bei Discord und TikTok

Die veränderten Nutzungsweisen bringen auch Verschiebungen im Ranking der verbreitetsten Internetplattformen österreichischer Jugendlicher mit sich. Saferinternet.at hat die beliebtesten sozialen Netzwerke der 11- bis 17-Jährigen im Rahmen des Jugend-Internet-Monitors erhoben.

Demnach ist WhatsApp mit 98 Prozent der klare Favorit bei Jugendlichen. Es ist die wichtigste Plattform zum Kontakthalten mit Familie, Freunden und Schulkollegen, wird aber während der Pandemie auch für Lerngruppen bzw. zur gegenseitigen Unterstützung bei den Herausforderungen des Homeschoolings verwendet. Auf dem zweiten Platz landet YouTube (93 Prozent) als Info- und Entertainment-Channel, auf dem dritten Rang liegt Instagram (84 Prozent), das ebenfalls zum Kontakthalten sowie zur Information verwendet wird. Alle drei Netzwerke konnten im Vergleich zum Vorjahr zulegen.

Die Top Fünf vervollständigen die Foto-Sharing-App Snapchat (75 Prozent) und die Video-App TikTok (57 Prozent), die während der Pandemie deutlich wichtiger geworden ist (+15 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr). Mit deutlichem Abstand, aber dennoch erstmals so weit vorne kann sich die Inspirations-Plattform Pinterest platzieren (39 Prozent). Das weltweit größte Soziale Netzwerk Facebook ist bei Österreichs Jugendlichen im Vergleich zum Vorjahr von Platz fünf auf Platz sieben (34 Prozent) zurückgefallen. Ein besonders hoher Zuwachs um 16 Prozentpunkte auf 33 Prozent (Platz 8) ist bei Discord zu verzeichnen. In den letzten Monaten hat sich Discord von einer Gaming-Plattform hin zu einem vielfältig genutzten digitalen Aufenthaltsraum entwickelt.

Selbstdarstellung ist mehr als nur Selfies posten

Die Optimierung der eigenen Fotos ist beinahe selbstverständlich geworden: Zwei Drittel der Jugendlichen sind der Meinung, dass jedes gepostete Bild bearbeitet wurde, 57 Prozent finden Bildbearbeitung wichtig. 79 Prozent denken, dass Jugendliche sich online prinzipiell besser darstellen. Dennoch macht auch hier die Dosis das Gift: Es sei „cringe“ (also peinlich), wenn man von anderen mitbekommt, dass sie sehr viel Zeit in die Bildbearbeitung investieren, so die Befragten.

Selbstdarstellung geht allerdings weit über Selfies hinaus: Profilbilder, Namen, persönliche Informationen, Gruppen, Likes und Kommentare, aber auch Playlists – die eigene Inszenierung besteht aus vielen Puzzleteilchen. Klassische Postings am laufenden Band sind hingegen gar nicht mehr so beliebt: Nur rund ein Drittel der Jugendlichen postet regelmäßig Bilder von sich selbst.

Jugendliche wollen online die Kontrolle behalten

Drei von zehn Jugendlichen (29 Prozent) beschäftigen sich regelmäßig mit den Privatsphäre-Einstellungen in Sozialen Netzwerken. Für 35 Prozent sind diese jedoch lediglich bei der erstmaligen Nutzung ein Thema und 14 Prozent haben sich überhaupt noch nie damit auseinandergesetzt. Auch wenn vielen Jugendlichen der Schutz ihrer Privatsphäre ein Anliegen ist und ihr Verhalten bereits mehr Problembewusstsein zeigt, gibt es hier noch Verbesserungspotenzial.

Im Kontext der Privatsphäre ist auch der Trend hin zu zeitlich begrenzten Inhalten („Stories“) zu betrachten. Denn damit ist – zumindest aus Sicht der Jugendlichen – das Risiko deutlich geringer, die Kontrolle über die eigenen Bilder zu verlieren. 38 Prozent haben schon einmal eine Aufnahme gepostet, die sie später als peinlich empfunden haben und 32 Prozent eine, von der sie nicht gewollt hätten, dass die Eltern sie sehen.

Probleme mit „verwaisten“ Konten

Die langjährige Nutzung von Sozialen Netzwerken führt auch dazu, dass Jugendliche im Lauf der Zeit viele Konten ansammeln, auf die sie zum Teil gar nicht mehr zugreifen können. So geben 41 Prozent der Befragten an, dass dies bei zumindest einem Konto der Fall ist. Der Hauptgrund dafür (67 Prozent) ist, dass das mit dem Profil verknüpfte E-Mail-Konto nicht mehr zugänglich ist. 

Auch wenn Jugendliche einen zunehmend „reiferen“ Umgang mit Sozialen Netzwerken pflegen und stärkeres Risiko-Bewusstsein entwickelt haben, sind sie vor negativen Erfahrungen im Internet nicht gefeit. 22 Prozent der Befragten geben an, dass Bilder von ihnen schon einmal gegen ihren Willen geteilt wurden, 17 Prozent waren bereits mit Gerüchten über ihre Person konfrontiert. Immerhin 16 Prozent berichten, dass die eigenen Eltern peinliche Dinge über sie verbreitet haben. Darüber hinaus stimmen 76 Prozent der Jugendlichen der Aussage zu, dass Fake-Profile sehr verbreitet sind, 49 Prozent meinen, dass viele Jugendliche mit einem gehackten Online-Profil konfrontiert sind. 59 Prozent vertreten die Auffassung, dass Internet-Challenges oft gefährlich sind.

Jugendliche nicht allein lassen

Einen sicheren Umgang mit Sozialen Netzwerken lernen Jugendliche laut 32 Prozent der Befragten vor allem durch Aufklärung und Workshops (zum Beispiel in der Schule), gefolgt von Lernen aus eigenen Fehlern (31 Prozent) sowie den Eltern und Freunden (je 28 Prozent). „Die wichtige Unterstützung in der Schule fehlt aufgrund der Pandemie derzeit weitgehend. Daher müssen wir gemeinsam sicherstellen, dass der Erwerb von Safer Internet-Kompetenzen in der Schule auch in der aktuellen Situation nicht zu kurz kommt“, sagt Barbara Buchegger, pädagogische Leiterin von Saferinternet.at. Ab sofort kann das mit Unterstützung des Bildungsministeriums aktualisierte Handbuch für Lehrende „Selbstdarstellung von Mädchen und Jungs im Internet“ kostenlos bestellt und heruntergeladen werden. Auch im Praxis-Bereich des LehrerInnen-Webs sind viele Unterrichtsideen und Materialien zum Thema Sicherheit im Netz und soziale Netzwerke zu finden.

Über die Studie

Die Studie zum Thema „Das Leben im Online-Stream: Soziale Netzwerke & Selbstdarstellung“ wurde vom Institut für Jugendkulturforschung und Kulturvermittlung im Auftrag von Saferinternet.at und ISPA - Internet Service Providers Austria durchgeführt. Bei der repräsentativen Online-Umfrage wurden 400 Jugendliche im Alter von 11 bis 17 Jahren befragt. Ergänzt wurde die Studie durch drei Fokusgruppen mit Jugendlichen und Praxiserfahrungen aus den österreichweiten Saferinternet.at-Workshops.



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