Krieg in der Ukraine: Inszenierung von Held:innen

Themenschwerpunkt - Teil 5: Warum Heroisierungen kritisch beleuchtet werden müssen.

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Held:innen-Erzählungen spielen gerade in Kriegen immer eine wichtige Rolle.

Kriege entfalten eine zerstörerische Kraft, sind meist sowohl in Entstehung wie auch ihrem Verlauf sehr unübersichtlich und lösen nicht zuletzt dadurch bei vielen Ängste aus. Dies führt oft - vor allem auch bei Medien - dazu, die Proponent:innen sehr vereinfacht darzustellen und sie in Gut und Böse, Held:in und Anti-Held:in bzw. Bösewicht:innen zu teilen. Mit dieser simplifizierten Darstellung der Realität sollte man sich aus diesem Grund kritisch auseinandersetzen.

Von großer Bedeutung in der menschlichen Geschichte

Held:innen-Figuren spielten in allen menschlichen Gesellschaften und Kulturen eine wichtige Rolle. Ihnen wurden ganze Epen und Erzählungen gewidmet. Als älteste Held:innen-Dichtung Europas gelten Homers „Illias“ und „Odyssee“, die auch bereits die Held:innen-Reise als bestimmendes Moment enthalten. Der/die Held:in lebt dabei zuvor ein gewöhnliches, normales Leben, bevor er/sie vor eine große Aufgabe zugewiesen bekommt, der er/sie sich aber nur zögernd stellt. Ein:e Mentor:in weist ihm/ihr den Weg, auf dem er/sie in zahlreiche Schwierigkeiten gerät und sowohl Freund:innen wie auch Feind:innen begegnet. Schließlich meistert er/sie auch noch die entscheidende Herausforderung, erhält dafür eine Belohnung und kehrt in die normale Welt zurück (mehr Informationen dazu finden Sie in unserem Handout). Die griechische Held:innen-Dichtung hatte große Ausstrahlkraft auf die deutsche Dichtung des 18./19. Jahrhunderts, etwa bei Goethe, Schiller oder Kleist.

Vom Komiker zum Helden: Wolodymyr Selenskyj

Fast schon idealtypisch passt sich hier der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in diese Erzählung ein: Mit seiner Kabaretttruppe tingelte er durch Nachtlokale in der ukrainischen und russischen Provinz, ehe er mit der satirischen Fernsehserie „Diener des Volkes“ 2015 seinen Durchbruch schaffte. Darin spielte er einen biederen Geschichtslehrer, der über Nacht überraschend zum Präsidenten der Ukraine gewählt wird. 2019 wiederholte er diese Geschichte auch in der Realität - und wurde damit 2022 zum Kriegspräsidenten in dem von Russland überfallenen Land. Sowohl in Medienberichten wie auch in der Selbst- und Fremddarstellung in Sozialen Medien wird er seither immer wieder als Held abgefeiert und überidealisiert.

Heldenhafter Präsident wird Bösewicht: Wladimir Putin

Auf der anderen Seite des Krieges um die Ukraine steht mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, der in einer vereinfachten Erzählung das genaue Gegenteil von Selenskyj repräsentiert. Wurde vor der Invasion auch in Europa gerne seine Inszenierung als „toller Hecht“, „Tigerbändiger“ oder aktiver „Naturbursch“ mit nacktem Oberkörper auf dem Pferd vor allem von Boulevardmedien unkritisch übernommen, kippte dies binnen kurzer Zeit ins genaue Gegenteil. Wie schnell und nachhaltig dies passierte, zeigt dabei besonders deutlich die Arbeit des walisischen Künstlers Patrick Mulder, dessen fiktives „Time“-Cover von Putin mit Hitler-Bärtchen in den Sozialen Medien tagelang für echt gehalten wurde.


Praxis-Idee: Held:innen-Reise in den Medien

Unsere neue Praxis-Idee „Held:innen-Reise in den Medien“ kann mit Schüler:innen von der Primarstufe bis zur Sekundarstufe 2 umgesetzt werden. Dabei wird die Rolle der Held:in und dessen/deren Charaktereigenschaften und Ziele genauer herausgearbeitet. In Gruppenarbeiten können die Schüler:innen Stationen der Held:innen-Reise selbst nachvollziehen oder auch gemeinsam eine Medienproduktion dazu entwickeln.


In den Medien des Wiener Bildungsservers wird anlässlich des Kriegs in der Ukraine und den damit einhergehenden medialen Herausforderungen ein medienpädagogischer Themenschwerpunkt gesetzt. Am Lehrer:innen-Web werden ab sofort regelmäßig andere medienpädagogische Aspekte zum Krieg in der Ukraine beleuchtet. Auch in den anderen Medien des Wiener Bildungsservers sind passende Inhalte zu finden:



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