Neue EU-Gesetze für mehr Sicherheit im Internet

Mit diesen neuen Gesetzen will die EU Facebook, Google, Apple, Amazon & Co. künftig stärker regulieren und die Grundrechte von Internetnutzer:innen besser schützen.

Berichte & Reportagen

Das Internet war zwar auch bisher kein völlig rechtsfreier Raum, aber in vielen Fällen zumindest eine Grauzone. Das soll aber nun der Vergangenheit angehören. Dafür sorgt ein EU-Gesetzespaket, das zu großen Teilen seit 25.August 2023 in Kraft ist. Wir erklären, was das für Nutzer:innen bedeutet und geben Diskussionsanregungen und passende Praxis-Ideen für den Unterricht.

Das Regulierungspaket

Das Regulierungspaket, das von der EU-Kommission beschlossen wurde, besteht aus zwei Verordnungen: dem Digital Services Act (dt.: Gesetz über digitale Dienste) und dem Digital Markets Act (Gesetz über digitale Märkte). Mithilfe dieser Verordnungen sollen in der EU künftig drei Ziele verfolgt werden:

  • Besserer Schutz der Verbraucher:innen und ihrer Grundrechte im Internet
  • Schaffung eines klaren Transparenzrahmens und einer klaren Rechtslage für Online-Plattformen
  • Förderung von Innovation, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit im Binnenmarkt

Während der Digital Services Act viele Regelungen enthält, um den Verbraucher:innenschutz und die Internetsicherheit möglichst zu erhöhen, zielt der Digital Markets Act darauf ab, die Macht sogenannter Gatekeeper-Plattformen zu regulieren um die Wettbewerbsfähigkeit kleinerer Plattformen zu erhöhen. 


Tipps für den Unterricht

Das neue EU-Regulierungspaket bietet sich als Thema für den Unterricht in den höheren Klassen der Sekundarstufe 1 sowie in der Sekundarstufe 2 an. Lassen Sie Ihre Schüler:innen z.B. über die neuen EU-Gesetze recherchieren, um die Recherche-Ergebnisse im Anschluss auszutauschen und darüber zu diskutieren. Alternativ könnte gemeinsam ein Artikel zu dem Thema gelesen und im Anschluss darüber diskutiert werden:

  • Was halten die Schüler:innen von den neuen Gesetzen? Was daran finden sie gut, was nicht?
  • Welche problematischen oder illegalen Inhalte sind den Schüler:innen online begegnet? Haben die Schüler:innen schon einmal Inhalte gemeldet?
  • Ist den Schüler:innen schon einmal personalierte Werbung aufgefallen?

Wenn Sie mit Ihren Schüler:innen anlässlich dessen in das Thema Datenschutz einsteigen wollen, eignet sich die Praxis-Idee Datenschutz: Wer darf was über mich wissen?. Personalisierte Werbung wird in der Praxis-Idee Werbung & Big Data thematisiert. Praxis-Ideen zu Desinformation und Fake News sind unter anderem Faktencheck und Können Bilder lügen?. Mehr über Dark Patterns und passende Unterrichtsanregungen können Sie hier nachlesen.


Digital Services Act: Mehr Schutz und Transparenz

Für sehr große Internetkonzerne mit monatlich mindestens 45 Millionen aktiven Nutzer:innen sieht der Digital Services Act besonders strenge Regeln vor. Dazu gehören unter anderem Amazon, Apple, Facebook, Google, Instagram, Snapchat, TikTok, Wikipedia, X (Twitter), YouTube und Zalando. Diese Plattformen müssen seit 24. August 2023 unter anderem folgende Regeln befolgen, andernfalls drohen ihnen Geldstrafen von bis zu 6% ihres weltweiten Umsatzes:

  • Personalisierte Inhalte: Nutzer:innen müssen darüber informiert werden, wie ihnen Inhalte empfohlen werden. Es muss mindestens eine Option angeboten werden, bei welcher die Inhalte nicht auf Basis der persönlichen Daten empfohlen werden. Plattformen wie z.B. YouTube, Facebook oder Instagram müssen künftig also die Option eines rein chronologischen Feeds anbieten.
  • Personalisierte Werbung: Personalisierte Werbung ist verboten, wenn sie auf sensible persönliche Daten zielt, wie z.B. sexuelle Orientierung, politische Überzeugung, Religion oder ethnische Herkunft.
  • Minderjährige schützen: Zielgerichtete Werbung für Minderjährige ist verboten. Plattformen müssen besondere Maßnahmen zum Schutz Minderjähriger ergreifen, um die Risiken für die Sicherheit, die Privatsphäre und die psychische Gesundheit von Minderjährigen zu senken. 
  • Illegale Inhalte: Nutzer:innen müssen künftig die Möglichkeit haben, illegale Inhalte online zu melden. Solche Meldungen müssen von den Plattformen rasch, ohne Willkür oder Diskriminierung und unter Wahrung der Grundrechte (z.B. Recht auf Meinungsfreiheit, Datenschutz) bearbeitet werden.
  • Online-Handel: Online-Marktplätze müssen die Angaben der Händler:innen stärker kontrollieren. Zudem müssen Händler:innen ihre Kontaktdaten und weitere relevante Informationen offenlegen. Gefälschte Produkte müssen von Online-Marktplätzen entfernt und die Käufer:innen gewarnt werden.
  • Dark Patterns: Dark Patterns, also manipulative Design-Elemente auf Webseiten, sind verboten. So muss z.B. das Kündigen eines Abonnements genauso einfach sein wie das Abonnieren selbst.
  • Systemische Risiken: Plattformen müssen gegen systemische Risiken vorgehen und jährliche Berichte darüber vorlegen. Gemeint sind damit z.B. Desinformation oder Hassrede. Plattformen wie Facebook, YouTube und Co. müssen Maßnahmen treffen, um dagegen vorzugehen und jährliche Berichte darüber vorlegen.

Digital Markets Act: Mehr Chancen für kleinere Unternehmen

Um die Wettbewerbsfähigkeit kleinerer Unternehmen zu stärken, soll mit dem Digital Markets Act die Macht marktbeherrschender Konzerne - sogenannte Gatekeeper - beschränkt werden. Dazu zählen unter anderem Alphabet (Google-Mutterkonzern), Apple, Amazon, Meta (Facebook-Konzern), Microsoft und Samsung. Dazu sind unter anderem folgende Gesetze vorgesehen, die bei Nichteinhaltung mit bis zu 10% des weltweiten Gesamtumsatzes des Unternehmens geahndet werden können:

  • Keine unfaire Vorreihung: Gatekeeper-Plattformen dürfen ihre eigenen Produkte oder Dienstleistungen nicht mehr automatisch vorreihen. So sollen die Chancen von kleineren Unternehmen gestärkt werden, die z.B. Waren online verkaufen oder Apps in einem App Store anbieten. 
  • Vorinstallierte Software: Nutzer:innen müssen die Möglichkeit haben, vorinstallierte Software zu deinstallieren, wenn sie das möchten, z.B. vorinstallierte Apps auf neuen Smartphones.
  • Interoperabilität: Messenger-Dienste wie z.B. WhatsApp, der Facebook-Messenger oder Apples iMessage müssen künftig interoperabel sein. Es muss also möglich sein, als WhatsApp-Nutzer:in eine Nachricht an eine:n iMessage-Nutzer:in zu schicken. Dies soll voraussichtlich ab Ende Februar 2024 funktionieren.

Kritik

Natürlich gibt es von verschiedensten Seiten auch Kritik an den neuen EU-Gesetzen. Während einige ein “Instrument der Zensur” befürchten, geht anderen der Schutz der Nutzer:innen und die Verpflichtung zur Transparenz noch nicht weit genug. Einige Netzpolitik-Expert:innen stellen außerdem in Frage, inwieweit die neuen Gesetze mitsamt den empfindlichen Geldbußen bei Verstößen letztendlich wirklich angewandt und nachverfolgt werden, da dies in der Regel mit enorm hohem Aufwand verbunden ist.