Online-Challenges: Jugendliche zwischen Spaß und Risiko

Von harmlosen Tänzen bis zu gefährlichen Mutproben: Online-Challenges faszinieren Jugendliche, bergen aber oft unterschätzte Gefahren.

Berichte & Reportagen
Online-Challenges reichen von harmlosen Tanz-Choreografien über Geschicklichkeits- oder sportliche Herausforderungen bis hin zu potentiell sehr gefährlichen Ideen.

“Gefährlicher Mutproben-Trend” (ORF), “‘Ärzte warnen vor Superman-Challenge” (Kurier), “Verletzte Kinder nach Superman-Challenge” (Kleine Zeitung) – immer wieder sorgen Schlagzeilen wie diese im letzten Monat für Aufruhr. Bei der Superman-Challenge springt eine Person in Superman-Pose in die verschränkten Arme zweier oder mehrerer anderer Personen und wird dann wieder zurückgestoßen. Videos davon verbreiteten sich zuletzt vor allem über TikTok. Die Superman-Challenge ist jedoch nur eine von vielen potentiell gefährlichen Online-Challenges, die in den letzten Jahren für Aufregung sorgten.

Von harmlos bis potentiell tödlich

Challenges sind ein gängiges und beliebtes Format in den sozialen Medien, allen voran auf TikTok. Dabei versuchen sich die Teilnehmenden an bestimmten Herausforderungen. Die dabei entstehenden Videos werden in sozialen Netzwerken wie TikTok geteilt und animieren so andere Nutzer:innen dazu, sich selbst an der Challenge zu versuchen. Die Ideen reichen von Tanz-Choreografien über sportliche- oder Geschicklichkeits-Übungen (siehe Beispiel) bis hin zu sehr gefährlichen Ideen, wie dem absichtlichen Herbeiführen einer Ohnmacht (“Blackout Challenge”) oder dem Essen von Waschmittel-Kapseln (“Tidepod Challenge”).

Obwohl man anhand der Medienberichte zu dem Thema den Eindruck bekommen könnte, sind bei weitem nicht alle Challenges gefährlich. Beim Großteil der auf TikTok verbreiteten Challenge-Videos handelt es sich um harmlose Herausforderungen zum Spaß und zur Unterhaltung, wie eine 2024 veröffentlichte Studie aus Deutschland zeigt. Bei der Analyse von über 2500 Challenge-Videos stellten sich knapp 65% als neutral (also weder gefährlich, noch nutzbringend), etwa 30% als potentiell schädlich oder tödlich und etwa 5% als positiv (nutzbringend) heraus.

Mutproben 2.0

Im Kern ist das Phänomen der Online-Challenges keineswegs neu, denn (mitunter gefährliche) Mutproben und Herausforderungen unter Jugendlichen gab es auch schon lange vor dem Internet. Die sozialen Medien steigern jedoch die Verbreitung und vor allem den Anreiz der Anerkennung in Form von Views, Likes und Kommentaren. Die Anerkennung unter Gleichaltrigen und der Spaßfaktor sind für Jugendliche nämlich wesentliche Gründe, um an Challenges teilzunehmen, wie Studien zeigten (DE 2024, UK 2021).

Insgesamt werden Challenge-Videos jedoch deutlich häufiger angesehen, als dass sie tatsächlich nachgeahmt werden. Die beliebtesten Challenge-Kategorien sind dabei die Bereiche Singen/Rappen, Streiche (Pranks), Tanzen, Sport oder Geschicklichkeit. Etwa 80% der in Deutschland befragten TikTok-Nutzer:innen zwischen 10 und 16 Jahren sehen sich mindestens einmal im Monat ein solches Video an. Bei der Frage nach der Teilnahme an solchen Challenges, zeigt sich ein ähnliches Muster, jedoch mit deutlich geringeren Quoten: Am beliebtesten ist der Bereich Tanz mit 34%, gefolgt von Sport (33%), Geschicklichkeit (32%) und Singen/Rappen (29%). An Mutproben-Challenges, die mit Gruseligem oder Angst zu tun haben, nehmen 16% der Befragten teil. An Challenges mit Selbst- oder Fremdschädigung oder illegalen Verhalten (z.B. stehlen) jeweils 12%. 

Orientierung bei Risikobewertung

Jugendliche wägen die Risiken von Online-Challenges üblicherweise ab, bevor sie daran teilnehmen (UK 2021). Dazu sehen sie sich Videos anderer Nutzer:innen an, die bereits mitgemacht haben, lesen Kommentare zu den Videos und sprechen mit Freund:innen darüber. Dennoch ist es wichtig, Orientierung zu geben, was zu weit geht oder gefährlich enden kann. Gerade die Schule bietet einen geeigneten Rahmen, um über Challenges zu sprechen und gemeinsam Strategien zur Risikobewertung zu finden. Die ein oder andere harmlose Tanz- oder Sport-Challenge eignet sich vielleicht sogar zum gemeinsamen Ausprobieren, z.B. im Sportunterricht.

Auf viele Challenges hat TikTok bereits reagiert. Viele Videos gefährlicher Challenges wurden schwer auffindbar gemacht, indem entsprechende Suchbegriffe gesperrt wurden. Statt den üblichen Suchergebnissen wird dann eine Sicherheitswarnung mit Verweis auf das TikTok-Sicherheitszentrum eingeblendet. Darüber hinaus werden - den Angaben von TikTok zufolge - proaktiv Inhalte gelöscht, die gefährliche Aktivitäten oder Challenges zeigen. Die täglich wachsende Fülle an Videos gänzlich zu kontrollieren, ist aber wohl dennoch kaum möglich.


Erwähnte Studien bzw. Reports: