"Prebunking": Mit fünf Wahrheiten gegen Fake News

Die Universität Cambridge entwickelte kurze Video-Clips, die gegen Falschnachrichten "immunisieren" sollen...

Mit fünf kurzen Clips sollen die Zuseher:innen gegen Fake News "immunisiert" werden.

Mit einer groß angelegten Studie haben Wissenschaftler:innen der Universität Cambridge eine bisher weniger beachtete Methode auf ihre Praxistauglichkeit überprüft, um Menschen beim Thema Fake News besser zu sensibilisieren und bis zur einem gewissen Grad sogar vor Falschinformationen zu "immunisieren". Laut den Forscher:innen zeigten erste Ergebnisse dabei durchaus vielversprechenden Erfolg. Dies haben sie in einem Artikel für das Fachmagazin "Science Advances" auch komprimiert zusammengefasst.

Menschen gegenüber Unwahrheiten sensibilisieren

Ihre Studie baute dabei grundlegend auf der Inokulationstheorie aus der Sozialpsychologie auf, mit der Einstellungen resistent gegen Änderungsversuche gemacht werden sollen. Dem in zahlreichen Medien mittlerweile üblichen "Debunking", also dem nachträglichen Aufdecken von Fake News via Faktenchecks etc., wollten sie damit ein "Prebunking" entgegensetzen. Die Forscher:innen versuchten also, Menschen bereits vorab gegenüber Falschinformationen unempfänglicher zu machen. Hauptansatzpunkt dafür waren fünf kurze Video-Clips, in denen über Hauptmethoden aufgeklärt wird, derer sich Fake News in den meisten Fällen bedienen.

Die Videos behandeln dabei die Themen "persönliche Attacken", "Widersprüche" (Inkohärenz)", "falsche Dilemma" (Dichotomie), die "Suche nach einem Sündenbock (Scapegoating)" und "emotionale Involvierung". In den ersten Sekunden der Clips arbeiten sie dabei selbst mit den Methoden, derer sich Fake News oftmals bedienen. Danach wird allerdings in prägnanter und verständlicher Sprache erklärt, wie die Produzent:innen von Falschinformationen damit ihr Publikum manipulieren wollen. Die Videos sind alle in englischer Sprache und werden im Folgenden samt dahinterstehenden Mechanismen kurz vorgestellt.

Emotionale Involvierung

Gerade Fake News arbeiten oft mit besonders emotionalisierender Sprache. So versuchen sie bei ihrem Publikum sehr starke Gefühle zu wecken, um es so bei der Stange zu halten und die Zugriffszahlen zu maximieren.

Persönliche Attacken

Persönliche Attacken ("ad hominem attacks") lenken die Aufmerksamkeit von eigentlichen Problemen ab und versuchen oft, die Quelle von seriösen Nachrichten ins Lächerliche zu ziehen.

Die Suche nach Sündenböcken

Mit der Suche nach Sündenböcken wird ebenfalls oft von den Ursachen für Probleme abgelenkt, indem einer oder mehreren Gruppen von Menschen die Schuld zugeschoben wird und damit meist komplexe Zusammenhänge zu vereinfacht dargestellt werden.

Falsche Dilemma

Auch mit der Erstellung von falschen Gegensätzen wird manipuliert. Dabei wird ein Gegensatzpaar präsentiert, zwischen dem zu entscheiden sei. Meist ist dieses Gegensatzpaar aber nur ein scheinbares, oft sogar beide Möglichkeiten gleichzeitig verfügbar. Im Rausch der Emotionen wird diese Sicht allerdings - von Fake-News-Produzent:innen bewusst eingesetzt - vernebelt.

Widersprüche

Gerade Fake News zeichnen sich oft dadurch aus, dass sie widersprüchliche Aussagen treffen und dann sogar Zusammenhänge herstellen, wo gar keine sind. So kann es dann sein, dass in der Berichterstattung gewisse Menschengruppen gleichzeitig faul, aber auch eine Bedrohung für "unsere" Arbeitsplätze sein. Oder bestimmte Menschen werden zeitgleich als hyperintelligente Masterminds hinter einer Verschwörung gezeichnet und andererseits als herausragend dumm sowie unfähig hingestellt.

Überzeugende Ergebnisse bei aufwendigen Studien

Die Videos wurden dabei bewusst sehr neutral gehalten, das heißt es wurden keine Beispiele aus bekannten - vor allem - politischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre thematisiert. Damit sollte eine möglichst hohe Bandbreite an Menschen für die Clips empfänglich sein. Mit diesen wurden dann in verschiedenen Settings die Reaktionen der Zuseher:innen abgetestet, unter anderem auch der ersten Feldstudie zur Inokulationstheorie in einem Sozialen Medium (in diesem Fall YouTube). In letzterem Fall wurden anschließend knapp 23.000 Menschen von den Forscher:innen zu Manipulationstechniken befragt.

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass es mit den Videos gelang, den Menschen ein "Drehbuch" in die Hand zu geben, mit denen sie selbst manipulative Techniken besser erkennen konnten. Co-Autor Stephan Lewandowsky erklärt dabei den Unterschied zu "Debunking", also nachträglichen Faktenchecks, so: "Faktenchecks können immer nur einen kleinen Teil der falschen Infomationen, die gerade zirkulieren, widerlegen. Wir müssen den Menschen ermöglichen, anhand einem abgespeicherten 'Desinformations-Drehbuch' selbst zu erkennen, wenn sie gerade an der Nase herumgeführt werden."

Weitere Informationen zur Studie finden Sie zudem auf der Webseite der Universität Cambridge und unter anderem auch in diesem Video mit Co-Autor Sander van der Linden:


Praxisideen für den Unterricht

Um das Thema Fake News im Unterricht zu behandeln, erhalten Sie unter anderem in unseren Praxisideen "Faktencheck" (Sek I und Sek II) und "Fakten-Checker und Fake-News-Aufdecker" (Sek I und Sek II) nützliche Anregungen. Zudem finden Sie auf unserer Webseite Trollwerkstatt auch viel Hintergrundmaterial zum Thema Verschwörungsmythen.




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