Krieg in der Ukraine: Desinformation erkennen
Im Rahmen unseres Themenschwerpunktes zum Krieg in der Ukraine haben wir uns bereits mit dem Themenkomplex Fake News näher auseinandergesetzt. In kriegerischen Konflikten ist es aber zudem auch wichtig, sich mit Desinformation zu beschäftigen und diese zu erkennen. Die Unterscheidung zwischen den zwei Begrifflichkeiten ist dabei nicht immer sehr einfach zu erkennen und festzumachen.
Desinformation oder Fake News? Es ist (leider) kompliziert…
Grundsätzlich spricht man von Desinformation, wenn falsche Informationen oder Nachrichten gezielt verbreitet werden, um eigene Ziele zu verfolgen, etwa die öffentliche Meinung zu eigenen Gunsten zu beeinflussen. Nicht zwangsläufig muss es sich dabei aber auch immer um Fake News handeln. Desinformation kann etwa auch bereits damit beginnen, den Fokus der Aufmerksamkeit auf andere, meist unwichtigere Aspekte einer an sich wahren Geschichte zu lenken.
Claire Wardle, Mitgründerin des US-Projekts „First Draft News“ zur Bekämpfung von Fehl- und Desinformation, hat dazu anhand des US-Präsidentschaftswahl 2016 sieben Arten problematischer Inhalte herausgearbeitet, die in gezielten Desinformationskampagnen üblicherweise verwendet werden. Mit ihnen lassen sich auch die Überschneidungen und Unterschiede zu Fake News leichter verstehen:
- Satire oder Parodie: Inhalte wurden nicht erstellt, um Schaden zu verursachen, können aber irreführend sein.
- Falsche Verknüpfungen: Überschriften, visuelle Inhalte oder Bildunterschriften stimmen nicht mit den Inhalten überein.
- Irreführende Inhalte: Informationen, die auf irreführende Weise verwendet werden, um einem Thema oder einem Individuum etwas anzuhängen.
- Falsche Zusammenhänge: Authentische Inhalte, die mit falschen Informationen in Zusammenhang gesetzt und weiterverbreitet werden.
- Betrügerische Inhalte: Quellen, die lediglich vorgeben, authentisch zu sein.
- Überarbeitete Inhalte: Authentische Inhalte oder Bilder, die überarbeitet wurden, mit der Absicht zu täuschen.
- Erfundene Inhalte: Neue Inhalte, die überwiegend falsch sind und mit der Absicht erstellt wurden, zu täuschen oder Schaden zu verursachen.
Leicht verständliche Beispiele aus deutscher Bundestagswahl
Für ihren Artikel „7 types of misinformation in the German election“ (in Englisch) hat die österreichische Publizistin und Journalistin Ingrid Brodnig anhand dieser sieben Kategorien interessantes Anschauungsmaterial zum deutschen Bundestagswahlkampf 2021 zusammengetragen. Für Punkt 1 zu „Satire oder Parodie“ ist zudem für Österreich auch die von vielen Medien kritiklos übernommene Falschmeldung der Satire-Plattform „Die Tagespresse“ über die Kandidatur von Frank Stronach zu den Bundespräsidentschaftswahlten 2022 ein gutes Beispiel.
Tipps für den Unterricht
Neben den bereits oben verlinkten Beispielen können zum Behandeln vom Thema Desinformation im Unterricht (Sek. 1, Sek. 2) noch folgende Tipps hilfreich sein:
- Medien kritisch beobachten
Beim Aufspüren von Desinformation können unsere Praxis-Ideen zu „Medienanalyse“, „Faktencheck“, „Können Bilder lügen?“, aber auch „Fakten-Checker und Fake News-Aufdecker“ verwendet werden. - Praktische Beispiele zu Desinformationskampagnen
Eine gute und ausführliche Sammlung enthält der Medienwatchblog „kobuk“, etwa „Die sieben Anti-EU-Kampagnen der Krone des Jahres 2018“, „'Österreich' hat eine kriminelle Dauerexplosion“ oder „In der Krone waren Ausländer 2017 viel krimineller als in der Realität“. Diese können auch als Einstieg zu den oben genannten Praxisideen genutzt werden. Bezogen auf den Krieg in der Ukraine bietet hier auch das Video „Kontrollieren Neonazis wirklich die Ukraine?“ von „MrWissen2go“ gute Anhaltspunkte:
- Trolle und Bots in Sozialen Medien aufspüren
Desinformation wird gerade in Sozialen Medien oft von Trollen oder Bots in die Welt gesetzt. Laut Claire Wardle ist dies vor allem dann gefährlich, wenn deren propagandistische „Informationsteilchen“ von vertrauenswürdigen Accounts übernommen bzw. geteilt werden und ihnen somit zu Vertrauenswürdigkeit verholfen wird. Mit dem Onlinequiz „Spot the troll“ (in Englisch) können Schüler:innen sensibilisiert werden, um diesen Desinformations-Generator:innen auf die Schliche zu kommen. Zudem finden sich in unserer „Trollwerkstatt“, die sich vor allem der Entstehung und Verbreitung von Verschwörungsmythen widmet, auch praktische Unterrichtsideen. - Demokratie & die Gefahren von Desinformation
Seit 2018 verschreibt sich auch die Europäische Union verstärkt dem Kampf gegen Desinformation. Neben einem eigenen Verhaltenskodex (in Englisch) stellt die EU dabei auch zusätzliches Informationsmaterial zur Verfügung. Dieses Thema kann auch im Unterricht (Sekundarstufe 2) aufgegriffen werden. Auf Basis des Verhaltenskodex kann das Thema Demokratiebildung und die Gefahren durch Desinformationen diskutiert werden.
Themenschwerpunkt: Krieg in der Ukraine
In den Medien des Wiener Bildungsservers wird anlässlich des Kriegs in der Ukraine und den damit einhergehenden medialen Herausforderungen ein medienpädagogischer Themenschwerpunkt gesetzt. Am Lehrer:innen-Web werden ab sofort regelmäßig andere medienpädagogische Aspekte zum Krieg in der Ukraine beleuchtet. Auch in den anderen Medien des Wiener Bildungsservers sind passende Inhalte zu finden:
- Themenschwerpunkt - Teil 1: Vorsicht vor Fake News
- Themenschwerpunkt - Teil 2: Medienerlebnisse verarbeiten
- Themenschwerpunkt - Teil 3: Hilfe für die Elternarbeit
- Themenschwerpunkt - Teil 4: Thema Flucht in den Medien
- Themenschwerpunkt - Teil 5: Inszenierung von Held:innen
- Themensammlung: Krieg im Unterricht thematisieren
- Medienkindergarten: Mit Kindern über Krieg sprechen
- KiwiThek: Ukraine (aktualisierter Eintrag)