Sharenting: Kinderfotos in sozialen Medien

Wenn Eltern Fotos ihrer Kinder online stellen, setzen sie sie auch Risiken aus.

Berichte & Reportagen
Ein Mann, eine Frau und ein Kind sitzen an einem Tisch in einer Wiese. Der Mann hält ein Smartphone hoch und fotografiert ein Selfie von sich, der Frau und dem Kind, das gerade von einem Sandwich abbeißt.
Vermeintlich harmlose Schnappschüsse aus dem Alltag, die online veröffentlicht wurden, können dem Kind peinlich sein, auch noch Jahre später.

Der Urlaub am Strand, die ersten Schritte oder der erste Schultag – Momente wie diese halten Eltern natürlich gerne fotografisch fest. Dank unserer Smartphones werden die Fotos in Sekundenschnelle gemacht und ebenso schnell weitergeschickt oder online veröffentlicht. Der Begriff “Sharenting” setzt sich aus “share” (teilen) und “parenting” (Elternschaft) zusammen und bezeichnet das Phänomen, wenn Eltern Fotos ihrer Kinder online stellen und teilen. Trotz guter Absichten setzen die Eltern ihre Kinder damit unbewusst einigen Risiken aus.

Unbedachter Stolz

Die Eltern veröffentlichen die Fotos oft unbedacht und nur mit guten Absichten. Die Kinder sind für ihre Eltern ein elementarer Bestandteil des Lebens und ihr ganzer Stolz. Natürlich möchten sie die Fotos ihrer Kinder daher gerne mit ihren Verwandten und Freund:innen teilen. Soziale Medien sind in dieser Hinsicht zu einem festen Bestandteil unserer Leben geworden und am Smartphone ist der Weg vom Foto zur Veröffentlichung sehr kurz.

Die Fülle an Fotos und Videos, die man unter Hashtags wie #MumTok auf TikTok oder #instakids auf Instagram findet, ist groß und reicht von harmloseren Alltags-Schnappschüssen über Videos von Wutanfällen bis hin zu Bikini-Fotos vom Strandurlaub. Teils sind Kinder sogar vor ihrer Geburt online vertreten, z.B. indem Ultraschall-Bilder online veröffentlicht werden.

Verletzte Rechte und Risiken

Ohne sich dessen bewusst zu sein, verletzen Eltern damit nicht nur die Rechte ihrer Kinder, sondern setzen sie auch Risiken aus. Zum einen hat jede:r - egal wie jung - ein Recht am eigenen Bild. Das bedeutet, dass jeder Mensch selbst entscheiden darf, ob und in welchem Zusammenhang Fotos von ihm/ihr veröffentlicht werden. Oft wird unterschätzt, dass auch junge Kinder schon gut entscheiden können, ob sie auf einem Foto abgebildet sein wollen und ob dieses an andere weitergeschickt werden darf. Zum anderen beinhaltet das Recht auf Privatsphäre in der UN-Kinderrechtskonvention, dass Fotos nicht ohne Zustimmung gemacht oder veröffentlicht werden dürfen.

Darüber hinaus ist es wichtig, sich der Risiken bei der Veröffentlichung von Kinderfotos bewusst zu sein, vor allem - aber nicht nur - wenn diese öffentlich geteilt werden. So ist sich z.B. kaum jemand bewusst, dass man mit dem Hochladen von Fotos in sozialen Netzwerken dem Plattformbetreiber oft auch Nutzungsrechte daran einräumt, z.B. auf Facebook. Ein gelungener Schnappschuss könnte von Plattformbetreibern daher ohne weiteres für Werbung verwendet werden. Cyberkriminelle können Fotos von Kindern für Identitätsdiebstahl und gefälschte Online-Profile nutzen. Weitaus schlimmer ist es, wenn Kinderfotos für einen sexualisierten Kontext missbraucht werden.

Das Internet vergisst nicht

Wer ein Bild einmal online veröffentlicht, gibt damit die Kontrolle darüber ab. Es ist daher wirklich wichtig, mit Fotos sorgsam umzugehen. Auch geschlossene Gruppen in sozialen Netzwerken sind keine Garantie dafür, dass das Bild nicht darüber hinaus veröffentlicht wird. Außerdem gilt: Das Internet vergisst nicht. Informationen und Bilder, die jetzt veröffentlicht werden, können viele Jahre später noch relevant für das Kind sein und sind ihm/ihr später vielleicht peinlich.


Tipps für Eltern:

  1. Kinder fragen: Fragen Sie Ihr Kind schon früh, ob es in Ordnung ist, wenn ein Foto von ihm/ihr gemacht wird und ob das Foto weitergegeben werden darf. Respektieren Sie es, wenn Ihr Kind nicht abgebildet sein oder ein Foto gelöscht haben will.
  2. Sorgsamer Umgang: Überlegen Sie, bevor Sie ein Foto Ihres Kindes weiterschicken oder veröffentlichen, ob es Ihnen selbst angenehm wäre, wenn andere ein solches Foto von Ihnen hätten. Fotos, die das Kind bloßstellen oder herabwürdigend, sollten jedenfalls nicht weitergeschickt oder veröffentlicht werden.
  3. Verwandte aufmerksam machen: Bitten Sie auch andere Verwandte und Ihrem Kind nahestehenden Personen um einen sorgsamen Umgang mit den Fotos des Kindes.
  4. Weiterschicken, aber sicher: Wenn Sie anderen ein Foto Ihres Kindes zukommen lassen möchten, schicken Sie es am besten nur über Messenger-Dienste an ausgewählte Personen.
  5. Veröffentlichung, aber unkenntlich: Wenn Sie ein Foto in den sozialen Medien veröffentlichen wollen, können Sie so fotografieren, dass das Gesicht des Kindes nicht zu erkennen ist oder es mit Emojis oder Stickern verdecken.
  6. Vorbildfunktion bedenken: Eltern haben eine Vorbildfunktion. Wenn Sie möchten, dass Ihr Kind später mit seinen eigenen Fotos sorgsam umgeht, sollten Sie mit gutem Beispiel vorangehen.

Praxis-Ideen für den Unterricht:

In unseren Praxis-Ideen Peinliche Fotos, Meine Fotos im Internet und Das alles bin ich setzen sich die Schüler:innen kritisch und kreativ mit dem Recht am eigenen Bild, dem Urheberrecht und der eigenen Präsenz in sozialen Medien auseinander.



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