Spiele-Apps als Kostenfallen: Das sind die Tricks

“Free to Play”-Spiele-Apps nutzen vielfältige Tricks, um den SpielerInnen mit In-App-Käufen Geld zu entlocken.

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Nahaufnahme von zwei Händen, die ein Smartphone quer halten. Am Smartphone ist ein Shooter-Spiel geöffnet.
Bessere Ausrüstung, coolere Charaktere oder andere Verbesserungen gibt es häufig nur, wenn dafür bezahlt wird. Mit verschiedensten Tricks wird versucht, uns das virtuelle Goodie schmackhaft zu machen.

Was Ende der 1990er Jahre mit Spielen wie Snake anfing, hat sich mittlerweile zu einem milliardenschweren Markt entwickelt: Die Rede ist von Handyspielen. Obwohl ein großer Teil der Spiele-Apps kostenlos heruntergeladen werden kann, verdienen die dahinterstehenden Unternehmen oftmals Millionen. Der Grund dafür ist das Geschäftsmodell, das dahinter steht: Die Smartphone-Spiele werden kostenlos zum Download angeboten (“Free to Play”), doch das Spielerlebnis selbst wird monetarisiert, vor allem durch In-App-Käufe. Nach und nach versucht die App den Spieler bzw. die Spielerin immer wieder dazu zu bewegen, Geld innerhalb des Spiels auszugeben (“Pay to Win”). Um dieses Ziel zu erreichen, werden vielfältige Tricks angewandt.

“Dark Patterns”

Die Mechanismen und Benutzeroberflächen vieler Smartphone-Spiele sind darauf ausgelegt, die SpielerInnen dazu zu bringen Geld auszugeben, auch wenn dies nicht deren Interesse entspricht. Solche versteckten Muster werden auch als “Dark Patterns” bezeichnet.

Ein gängiges Dark Pattern ist virtuelle Fantasiewährung. Bei vielen Spiele-Apps werden teils mehrere Währungen miteinander verknüpft, idealerweise mit komplizierten oder undurchschaubaren Wechselkursen. Ein Beispiel: Ein tolles Auto in einem Rennspiel kann um 168 Edelsteine gekauft werden. 12 Edelsteine können mit je einem Goldbarren gekauft werden, die wiederum in verschiedenen Paketen gestaffelt um echtes Geld gekauft werden können (z.B. 7 Goldbarren um 3,99 Euro). Der wirkliche Preis des Autos bzw. der Wechselkurs wird letzten Endes verkompliziert und dadurch verschleiert. Durch die virtuelle Fantasiewährung wird außerdem versteckt, dass die speziellen Spielinhalte letzten Endes um echtes Geld gekauft werden. (Im oben genannten Beispiel kostet das Auto letztendlich übrigens 7,98 Euro.)

Schneller Kaufprozess vs. ermüdende Spieltätigkeit

Wichtig ist dabei auch, dass der Bezahlvorgang bzw. der Kaufprozess möglichst schnell und reibungslos abläuft. Meist kostet es nur wenige Klicks, um reales Geld innerhalb eines Spiels auszugeben, zumal in den gängigen App Stores oft die Kreditkartendaten hinterlegt werden oder sogar mittels Handyrechnung bezahlt werden kann. Natürlich werden die SpielerInnen speziell am Anfang mit vermeintlichen Sonderangeboten gelockt. Einen Überblick über alle im Spiel bereits getätigten Käufe erhält man in der Regel nicht – egal ob ein(e) SpielerIn bereits 3 Euro, 30 Euro oder 300 Euro im Spiel ausgegeben hat.

Im Vergleich zum schnellen Bezahlvorgang gibt es in Free to Play-Spielen oft Vorgänge, die bewusst ermüdend und redundant gestaltet werden, dies wird auch “Grinding” genannt. So muss z.B. ein und dieselbe Tätigkeit sehr oft wiederholt werden oder es ist eine sehr lange Wartezeit nötig, um einen bestimmten Fortschritt zu erreichen. Natürlich kann dieser Prozess übersprungen werden –wenn entsprechend Geld für bestimmte Zusatzgegenstände oder Power-Ups ausgegeben wird (“Pay to Win”). Auch Käufe, die für einen Wettbewerbsvorteil im Vergleich zu anderen SpielerInnen sorgen, fallen in diese Kategorie (z.B. das schnellere Auto, das nur um echtes Geld gekauft werden kann). Im Gegensatz dazu gibt es aber auch Spiele wie z.B. Fortnite, bei denen rein optische Verbesserungen gekauft werden können, die jedoch keinen Wettbewerbsvorteil im Spiel mit sich bringen.

Psychologische Prinzipien

Wie bereits berichtet, arbeiten Spiele vor allem mit Erfolgserlebnissen. Eng damit verbunden sind aber auch Belohnungen. In Free to Play-Spielen ist es üblich, dass die SpielerInnen speziell am Anfang viele Belohnungen erhalten – sei es durch besondere Gegenstände, indem sehr leicht erreichbare Fortschritte belohnt werden oder auch durch Lob. Dadurch werden Glückshormone im Körper der SpielerInnen ausgeschüttet. Doch je weiter man im Spiel kommt, desto schwieriger wird es Fortschritte zu erreichen und Belohnungen zu erhalten. Mit In-App-Käufen ließe sich dies aber natürlich beschleunigen (Pay to Win).

Auch die investierte Zeit wird gekonnt genutzt: Denn investiert man viel Zeit in etwas, will man auch entsprechende Ergebnisse sehen. Wer viel Zeit mit der Pflege seines Gemüsegartens verbringt, will am Ende eine gute Ernte einfahren, alles andere wäre eher frustrierend. Dasselbe Prinzip gilt auch für digitale Spiele: Wer viel Zeit investiert, um sein virtuelles Dorf auszubauen oder einen Charakter weiterzuentwickeln, will auch entsprechende Ergebnisse sehen. Genau das wird ab einem gewissen Fortschrittsniveau in Free to Play-Spielen nur allzu gerne stark verzögert, so dass der Drang steigt den Prozess mit einem In-App-Kauf zu beschleunigen.

Auf In-App-Käufe in Spielen muss deswegen nicht zwangsläufig verzichtet werden. Für einen kritischen und bewussten Umgang mit Spiele-Apps ist es jedoch wichtig, die dahinter liegenden Tricks zu erkennen. Kinder und Jugendliche sollten gemeinsam mit ihren Erziehungsberechtigten Regeln für den Umgang mit In-App-Käufen vereinbaren. Um einen Überblick zu behalten, ist es z.B. möglich ein fixes, monatliches Budget für In-App-Käufe zu setzen. Bei iOS-Geräten können In-App-Käufe grundsätzlich deaktiviert werden, bei Android-Geräten ist nur eine Passwort-Abfrage vor In-App-Käufen möglich.

Idee für den Unterricht

Sprechen Sie mit Ihren SchülerInnen über Handyspiele und In-App-Käufe: Welche Spiele spielen sie gerne? Sind ihnen darin auch schon In-App-Käufe begegnet? Wie ist die Meinung der SchülerInnen dazu: Würden sie für In-App-Käufe Geld ausgeben? Haben Sie vielleicht schon Geld für In-App-Käufe ausgegeben? In einem kurzen Videobeitrag des Kinderfernsehsenders KIKA werden In-App-Käufe anhand eines Vergleichs passend für die Primarstufe veranschaulicht. Auf der Kika-Webseite wird auch ein Quiz zum Thema In-App-Käufe angeboten. In der Sekundarstufe können Videos der YouTube-Kanäle So Many Tabs, Pocket Money oder STRG_F gut als Themeneinstieg genutzt werden. Das Thema kann auch im Mathe-Unterricht behandelt werden, z.B. indem mit virtueller Fantasie-Währung die realen Kosten eines Spielinhalts ausgerechnet werden.