Social Media und der Kampf um unsere Aufmerksamkeit

Alle sozialen Medien haben ein Ziel: unsere Aufmerksamkeit zu gewinnen. Um das zu erreichen, wenden sie viele Tricks an.

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Grafik einer Hand die ein Megafon hält. Neben dem Megafon ist eine Sprechblase zu sehen, in der Sprechblase befinden sich mehrere Social Media-Symbole.
Social Media-Apps setzen alles daran, um unsere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und bei sich zu halten.

“Jemand hat deinen Beitrag kommentiert”, informiert eine Push-Benachrichtigung. Die Neugier ist geweckt. Also wird die Social Media-App geöffnet, um nachzusehen. Danach noch ein Blick in den Newsfeed, nur ganz kurz. Eine Stunde später der schockierte Blick auf die Uhr – und man ist immer noch am Smartphone.

Vermutlich hat jede:r, der/die soziale Medien nutzt, so eine Situation schon einmal erlebt. Instagram, Tik Tok, Facebook und Co. ziehen uns in ihren Bann. Doch warum ist das so? Dahinter steckt ein Geschäftsmodell mit ausgeklügelten Mechanismen und Tricks, derer man sich bewusst sein sollte.

Aufmerksamkeit als Geschäftsmodell

Soziale Medien verdienen ihr Geld durch Werbung. Je zielgerichteter eine Werbung platziert wird und je mehr Aufmerksamkeit sie erfährt, desto höher die Preise und damit auch die Einnahmen, die sich damit erzielen lassen. Das Ziel sozialer Medien ist es daher, unsere Aufmerksamkeit für sich zu gewinnen und uns möglichst lange auf ihren Plattformen zu halten. Denn je mehr Zeit wir in sozialen Medien verbringen, desto mehr Werbung kann uns angezeigt werden und desto mehr Daten hinterlassen wir, wodurch Werbung noch besser entsprechend unseren Vorlieben angepasst werden kann. Anders formuliert: Wir nutzen Instagram, TikTok und Co. zwar kostenlos, doch wir bezahlen mit unserer Aufmerksamkeit und unseren Daten.

Psychologische Tricks

Um uns in die App zu locken und uns dort möglichst lange zu halten, wenden die Social Media-Giganten psychologische und technische Tricks an. Das wird auch als Addictive Design (süchtigmachende Gestaltung) oder Persuasive Design (überzeugende Gestaltung) bezeichnet.

  • Einfache Bedienbarkeit: Um uns möglichst lange dran zu halten, muss die Plattform einfach zu bedienen sein.
  • Personalisierte Inhalte: Unser Verhalten in den sozialen Medien wird vollautomatisch analysiert: was wir liken, was wir teilen, was wir lange ansehen, welche Werbungen wir genauer ansehen etc. Dementsprechend passen Algorithmen die Inhalte, die uns angezeigt werden, unseren Vorlieben und Interessen an.
  • Belohnungen: Likes werten wir unbewusst als Belohnung. Werden unsere Beiträge, Storys, Fotos und Videos angesehen und mit Likes versehen, wird in unserem Gehirn das Belohnungszentrum aktiviert.
  • FOMO (Fear Of Missing Out): FOMO bezeichnet die Angst, etwas zu verpassen bzw. ausgeschlossen zu werden. In sozialen Medien befeuern zeitlich nur begrenzt verfügbare Inhalte (z.B. Storys) diese Angst.
  • Unendliches Scrollen: Viele Newsfeeds von sozialen Medien haben kein Ende und können unendlich lange durchgescrollt werden. Wird doch ein vorläufiges Ende angezeigt, so kann dieses meist durch eine Zieh-Bewegung aktualisiert werden, so dass wieder neue Inhalte angezeigt werden.
  • Nudging: Mit Nudging (Anstupsen) sollen Menschen subtil zu einem gewünschten Verhalten bewegt werden, ohne dass dazu Zwang ausgeübt wird. In den sozialen Medien sind viele solche Elemente versteckt. Zum Beispiel Benachrichtigungen, die uns dazu verleiten, die App zu öffnen; Videos, die beim drüberscrollen automatisch abgespielt werden, damit wir sie möglichst ansehen oder Snapstreaks, die dazu animieren, sich täglich gegenseitig Bilder zu schicken.
  • Verunmöglichen von Links: Viele Social Media-Plattformen erschweren oder verunmöglichen das Posten von Links zu anderen Webseiten, damit wir die Plattformen selbst möglichst nicht verlassen.
  • Farbpsychologie: Wir assoziieren mit verschiedenen Farben unbewusst verschiedene Stimmungen oder Dinge. Das nutzen auch soziale Medien. Rot gilt z.B. als Signalfarbe, weshalb Benachrichtigungen oft rot hervorgehoben werden. Blau steht für Frieden, Ruhe und Wasser, Gelb für Wärme und Fröhlichkeit. Grelle Farben ziehen generell unsere Aufmerksamkeit auf sich.

Tipps für den Unterricht

Für den Unterricht zu diesem Thema eignet sich eine gemeinsame Reflexion. Folgende Fragen können dabei hilfreich sein:

  • Wie oft nutzt ihr soziale Medien? In welchen Situationen?
  • Ist es euch manchmal zu viel?
  • Welche Tricks kennt ihr, mit denen soziale Medien unsere Aufmerksamkeit wecken und uns online halten?
  • Was könnte man tun, um diesen Tricks zu entgehen?

Folgende Videos können zur Anregung einer Diskussion im Unterricht dienen:

Mittlerweile messen die meisten Smartphones automatisch die Bildschirmzeit der Nutzer:innen. Dies lässt sich für eine Klassenchallenge nutzen: Wer schafft innerhalb einer Woche die geringste durchschnittliche Bildschirmzeit?

Mithilfe der Praxis-Idee Mein Medientagebuch kann der eigene Medienkonsum reflektiert werden, die Idee kann auch auf Social Media-Konsum adaptiert werden.


Tipps zum Umgang mit Social Media-Tricks

Um sich von den Social Media-Plattformen weniger oft verlocken zu lassen, können folgende Tipps helfen:

  • Benachrichtigungen deaktivieren: In den Einstellungen kann man die Benachrichtigungen der unterschiedlichen Apps anpassen und auch ausschalten.
  • Tägliche Bildschirmzeit begrenzen: Bei iOS und Android sowie in einigen Social Media-Apps direkt lässt sich eine tägliche Nutzungszeit einrichten. Kurz bevor diese überschritten wird, wird man daran erinnert.
  • Apps vom Homescreen entfernen: Um weniger oft dazu verleitet zu werden die Social Media-Apps zu öffnen, kann man sie vom Homescreen entfernen.
  • Alternativen für Langeweile überlegen: Wer dazu neigt häufig aus Langeweile durch Social Media-Apps zu scrollen, könnte sich überlegen, welche Aktivitäten sich in solchen Situationen stattdessen eignen könnten.


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